Südafrikas Stromgigant ESCOM

Johannesburg (taz) - ESCOM, die südafrikanische Strombehörde, ist einer der zehn größten Stromerzeuger der Welt. Sie erzeugt etwa 60 Prozent der Elektrizität in Afrika in 27 Kraftwerken mit einer Gesamtkapazität von 28.000 Megawatt. Sie liefert Strom an alle schwarzafrikanischen Nachbarländer Südafrikas. Maputo, die Hauptstadt von Mosambik, ist vollkommen von ESCOM abhängig. ESCOM, die Abkürzung steht für „Electricity Supply Commission“, ist mit über 60.000 Angestellten und einem Jahresumsatz von 5 Mrd. Rand (etwa 4,5 Mrd. Mark) Südafrikas größter Konzern. Die staatliche Behörde, die jedoch keine öffentlichen Mittel erhält, erzeugt mehr als 90 Prozent der Elektrizität für Südafrika. ESCOM pflegt seit langem enge wirtschaftliche Beziehungen mit dem Ausland, vor allem auch mit bundesdeutschen Lieferanten, so unter anderen MAN, MTU, Siemens, Deutsche Babcock, Hoechst, Steinmüller und KWU. Immerhin bestellt ESCOM die größten Turbinen der Welt und baut sein Stromnetz ständig aus. Die erhebliche Abhängigkeit vom Ausland hat allerdings in den let zen Jahren Probleme geschaffen. Seit 1985 hat die Strombehörde kaum noch Zugang zu den Kapitalmärkten der Bundesrepublik und der Schweiz; die USA verbieten per Gesetz Darlehen an staatliche südafrikanische Konzerne. Deshalb mußte die Strombehörde ihre Investitionspläne drastisch beschneiden und die für 1986 bis 1989 notwendigen 13 Mrd. Rand (11,7 Mrd. Mark) in Südafrika finden. John Maree, seit Mitte 1985 Vorsitzender des staatlichen ESCOM–Aufsichtsrates, macht sich über Sanktionen allerdings keine Sorgen. „Wir kaufen so große Einheiten im Ausland - wenn Deutschland, England oder Frankreich plötzlich die Lieferungen stornierten, würden sie Tausende von Arbeitsplätzen verlieren“, sagt Maree. Maree versucht seit Mitte 1985 mit einem neuen Management Team, den verstaubt–bürokratischen Charakter des ESCOM– Staatskonzerns zu modernisieren. Er hat sein Managementflair schon bewiesen, als er den staatlichen Rüstungskonzern Armscor 1979 renovierte. Sein Büro ist dekoriert mit Modellen von Granaten, Raketen und Flugzeugen und Bildern, in denen er Schulter an Schulter mit den obersten Generälen des Landes sitzt. Der leitende ESCOM–Manager Ian McRae arbeitet schon sein Leben lang bei dem Konzern. Er spricht gerne von der Bedeutung pesönlicher Beziehungen, zum Beispiel mit dem Manager der mosambikanischen Elektrizitätsbehörde. „Wir besuchen einander in Johannesburg und Maputo“, sagt McRae. Maputos Abhängigkeit von südafrikanischem Strom mag für die Apartheid–Regierung politisch wichtig sein. ESCOM–Vertreter sprechen jedoch lieber von der Menge Strom, die nach Maputo geliefert wird - etwa soviel, wie das luxuriöse Carlton Centre im Zentrum Johannesburgs mit 50stöckigem Büroturm, Einkaufszentrum und Fünf–Sterne– Hotel verbraucht. Kohlekraftwerke erzeugen etwa 85 Prozent des Stroms in Südafrika, obwohl ESCOM auch ein Atomkraftwerk, das von Frankreich gelieferte in Koeberg bei Kapstadt, betreibt. Die schlechte Qualität südafrikanischer Kohle hat zur Entwicklung neuartiger Verbrennungsmethoden geführt, für die ESCOM weltbekannt ist. Hans Brandt