I N T E R V I E W „Das Anti–Terrorismus–Gesetz muß weg!“

■ Der amnestierte Priester A. Singaraye über die politische Justiz seines Landes

Der Präsident Sri Lankas, J.R. Jayewardene, hat sich mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens verpflichtet, 5.000 politische Häftlinge zu entlassen. Bisher sind jedoch erst ein Drittel aller politischen Gefangenen in Sri Lanka amnestiert worden. Der einzige, der aus Colombos berüchtigtem Gefängnis Welikade entlassen wurde, ist der 44jährige katholische Priester A. Singaraye. Fast fünf Jahre lang war er unter dem Anti–Terrorismus– Gesetz in Haft. Er überlebte zwei Massaker an tamilischen Häftlingen. taz: Sie hätten zweimal, nämlich während der Gefangenenbefreiungen im September 1983 und im Juni 1984, die Chance gehabt, aus dem Gefängnis zu entkommen. Warum sind Sie geblieben? A. Singaraye: Ich kämpfe nicht für mein individuelles Recht, ich will die Justiz in Sri Lanka herausfordern. Bereits 1983 habe ich vorausgesagt, daß das Anti–Terrorismus–Gesetz auch auf Singhalesen angewandt werden wird. Genau das ist jetzt eingetreten. Dieses Gesetz ist unmenschlich und widerwärtig. Es muß abgeschafft werden. Die Massenmedien Sri Lankas mißbrauchten meinen Namen, um in der Welt zu verkünden, daß ein katholischer Priester ein Terrorist sei. Ich will, daß mir Gerechtigkeit widerfährt. Deshalb habe ich vier Jahre und neun Monate lang geduldig im Gefängnis ausgeharrt. Mein Prozeß war mit mehr als 220 Verhandlungstagen der längste in der Geschichte Sri Lankas. Als ich im März 1985 freigesprochen wurde, brachte der Staatsanwalt einen neuen Anklagepunkt ein: Ich sei am Überfall auf die Polizeistation von Chavachacheri beteiligt gewesen. Zwei Wochen nach Unterzeichnung des Friedensabkommens, am 12.August, wurde ich dann mit der Begründung, das Verfahren gegen mich sei eingestellt, entlassen. Welches Gefühl hatten Sie, als Sie von Ihrer Entlassung erfuhren? Es war ein Schock, denn ich wollte einen Urteilsspruch, selbst wenn sie mich für weitere zwanzig Jahre eingesperrt hätten. Fühlten Sie denn keine Erleichterung, daß Sie dem Gefängnis und damit auch möglichen neuen Massakern entkommen sind? In gewisser Weise schon, aber meine Kameraden sind immer noch dort im Schlachthaus jeder Willkür ausgeliefert. Deshalb bin auch ich noch immer mit einem Fuß im Gefängnis. Die Tamilen in Welikade sind nur durch einen Stacheldraht getrennt von den Singhalesen, die das Abkommen durch Brandstiftung und Gewalt bekämpft haben. Jederzeit kann wieder etwas passieren, ich habe keine Ruhe. Das Gespräch führte Biggi Wolff