Umstrittener Waffendienst für Frauen

■ Diskussionen um FDP–Parteitagsbeschluß zum Dienst an der Waffe für Frauen / Frauenministerin Süssmuth nicht grundsätzlich gegen Frauen in der Bundeswehr / Keine Mehrheit für Waffendienst in der CDU/CSU / SPD und Grüne einig: Keine Frauen in die Bundeswehr

Von Gunhild Schöller

Berlin (taz) - Rita Süssmuth, Bundesfrauenministerin und Vorsitzende der CDU–Frauenvereinigung, ist nicht grundsätzlich gegen einen freiwilligen Dienst von Frauen in der Bundeswehr. Vor dem Hintergrund des FDP–Parteitagsbeschlusses vom vergangenen Wochenende in Kiel, Frauen auch zum Dienst an der Waffe zuzulassen, machte sie darauf auf merksam, daß dafür eine Änderung des Grundgesetzes nötig sei. Es erhebe sich auch die Frage, aus Gründen der formalen Gleichberechtigung über eine Wehrpflicht für Frauen zu diskutieren. Ende des Jahres werde die Bundesregierung einen Bericht vorlegen, der die Möglichkeiten eines freiwilligen Dienstes in der Bundeswehr unter Ausschluß des Waffendienstes untersuche. Aber nicht das Streben nach Gleichberechtigung, sondern der Pillenknick war ausschlaggebend bei der Entscheidung des FDP– Parteitags, Frauen zum freiwilligen Dienst auch an der Waffe in der Bundeswehr zuzulassen. Weil in den 90er Jahren die geburtenschwachen Jahrgänge zum Bund eingezogen werden, wird ein „Fehl“ von 42.000 Soldaten prognostiziert. Denn an der Präsenzstärke der Bundeswehr von 500.000 Mann wird in Bonn nicht gerüttelt. Allerdings - so ein Rechtsgutachten des Verteidungsministeriums aus dem Jahre 1983 - könnten nur 24.000 Dienstposten von Frauen eingenommen werden, falls das Grundgesetz nicht geändert werde. Denn im Grundgesetz Art. 12 a ist eindeutig festgelegt, daß Frauen „auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten“ dürfen. Nach der - strittigen - Rechtsauffassung einiger FDPler bezieht sich dieses Verbot nur auf eine „Dienstverpflichtung im Verteidigungsfall“, nicht jedoch auf den freiwilligen Dienst von Frauen. Andere FDPler spekulieren mit einer Änderung des Grundgesetzes, für die allerdings eine Zweidrittel–Mehrheit im Bundestag erforderlich wäre. Auch bei der CDU/CSU wird seit einiger Zeit verstärkt über das Thema „Frauen in die Bundeswehr“ diskutiert. Allerdings zeichnet sich schon jetzt ab, daß sich in der Union keinesfalls eine Mehrheit für den Waffendienst von Frauen finden wird. Dies widerspräche dem Frauenbild, das in den Unionsparteien gehegt wird, aufs schärfste: Die dienende Zuarbeiterin, die die Umgangsformen und den Kasernenhofton in Bundeswehr „menschlicher“ macht, ist gefragt. Während die CSU–Abgeordnete Ursula Männle einen Dienst von Frauen bei der Bundeswehr generell ablehnt, äußerten sich bei einer internen Befragung die meisten weiblichen Abgeordneten der Unionsfraktion zustimmend. Einige forderten einen „Frauenförderplan“, denn ohne Waffendienst haben Frauen beim Bund kaum Aufstiegschancen. Weil sie Frauen aber die gleichen Karrierechancen einräumen möchte, sprach sich die CDU–Abgeordnete Renate Hellwig - als einzige - für einen Dienst auch an der Waffe aus. Bei den Grünen sind - selten genug - Fundis und Realos einig: keine Frauen in die Armee. Die SPD ist (seit dem Nürnberger Parteitag) ebenfalls strikt gegen Frauen in der Bundeswehr, obwohl es der damalige Verteidigungsminister Hans Apel war, der dieses Thema 1981 in die Diskussion brachte. Vor diesem Hintergrund kann die Entscheidung des FDP–Parteitags für einen freiwilligen Waffendienst für Frauen nur taktisch sein. Diese Partei hält das Fähnlein der Gleichberechtigung hoch, wohl wissend, daß es keine Mehrheit für eine Grundgesetzänderung gibt. Um später Frauen in der Bundeswehr - ohne Waffendienst - als Koalitions“kompromiß“ zu verkaufen.