Der Rhein ertrinkt im Schwermetall

■ Mit der Qualität des Rheinwassers geht es so stetig wie heftig bergab / Schwermetallwerte stark angestiegen / Stadt Rotterdam weiß nicht, wohin mit dem angeschwemmten hochgiftigen Rheinschlamm

Aus Mannheim Felix Kurz

Entgegen einer allgemein herrschenden Auffassung hat sich die Rheinwasser–Qualität nach Recherchen der Stadt Rotterdam und der Deutschen Kommission zum Schutze des Rheins weiter erheblich verschlechtert. Auf einer schwimmenden Pressekonferenz auf dem Rhein bei Mannheim präsentierten Vertreter der holländischen Stadt Rotterdam jetzt die neuestens Vergleichszahlen. Da nach haben die Schwermetallfrachten im Rhein teilweise bis zu 75 Prozent - so bei Zink - im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. 1985 transportierte der Rhein noch 4.347 Tonnen Zink, 1986 waren es schon 7.623 Tonnen. Der Bleigehalt kletterte von 665 auf 1.011 Tonnen, Kupfer von 680 auf 932 und Chrom von 586 auf 926 Tonnen. Für die katastrophalen Werte machen die Niederländer zum größten Teil die vorgelagerten Rheinanliegerstaaten Schweiz, Frankreich und die BRD verantwortlich. Zwar würden die Einleitungen dort im Rahmen der jeweils geltenden nationalen Gesetze vorgenommen, dennoch seien sie für die Umwelt nach wie vor zu hoch. Gerade der Schlamm im Flußbett wirkt wie eine Kläranlage, das heißt er bindet Schwermetalle und andere Schadstoffe. Die hochgiftigen Frachten landen letztendlich mit dem Flußschlamm des Rheins im Rotterdamer Hafen oder in der Nordsee. Rund 10 Mio. Kubikmeter dieses Problemschlamms müssen die Hafenbehörden jährlich ausbaggern, um den Schiffbetrieb aufrecht erhalten zu können. Noch bis vor kurzem wurde der giftige Schlamm einfach auf Schiffe verladen und ohne viel Federlesen in der Nordsee verklappt. Die niederländische Regierung untersagte die Verklappung jedoch, und inzwischen ist man auch in Rotterdam der Meinung, daß diese Methode unter ökologischen Gesichtspunkten nicht mehr zu vertreten ist. Derzeit wird der Schlamm auf kostspieligen Deponien gelagert. So versucht die Hafenstadt nun, die wichtigsten Einleiter zur Reduzierung ihrer Schadstoff–Ableitungen zu bewegen. Die vierzehn größten Verschmutzer kennt man in Rotterdam schon lange, aber ist man nicht bereit, die Namen öffentlich zu nennen. Und auch die neueste Formulierung, daß dann „juristische Schritte nicht ausgeschlossen“ seien, wenn die „erhofften Sanierungsabkommen mit der Industrie verweigert werden“, deutet noch keinen Wechsel dieser Haltung an. Insider mutmaßten, daß die größten Rhein–Verschmutzern eben auch zur Kunden–Gemeinde des Rotterdamer Hafens gehören. Bis zum Jahr 2002 soll nach dem Willen der niederländischen Stadt der Rhein wieder sauber sein und der Lachs sich dort wieder tummeln. Denn spätestens im Jahr 2002 reicht die Kapazität der Deponien nicht mehr aus.