Atommüll–Transfer gestört

■ Protest–Aktionen gegen Atommülltransporte aus bundesdeutschen AKWs über Lübeck nach Schweden / Polizei bahnt der atomaren Fracht den Weg

Aus Lübeck Dieter Hanisch

Gegen die Atommülltransporte aus bundesdeutschen Reaktoren durch die Hansestadt Lübeck nach Schweden fanden gestern mehrere Protest–Aktionen statt. Es war bereits der fünfte Umschlag von Mox–Brennelementen, der gestern über Lübeck abgewickelt wurde. Sieben weitere stehen noch an. Während auf der Autobahn Hamburger Bürgerinitiativen protestierten, ketteten sich Mitglieder der Anti–AKW– Aktionsgruppe Steinburg im Bahnhof an, die Umweltschutzorganisation Greenpeace versuchte, die atomare Fracht auf dem Wasser zu blockieren. Greenpeace beobachtete den gut bewachten Transport aus dem Versuchsreaktor Kahl von Dienstag abend an und begleitete ihn bis nach Lübeck in den Hafen. Unterwegs behinderten AKW–Gegner aus Hamburg den LKW–Konvoi der Firma „Transnuklear“ zwischen Hamburg und Lübeck, konnten die Weiterfahrt in die Marzipanstadt jedoch nicht verhindern. Im Lübecker Hafenbecken konzentrierte sich Greenpeace seit vier Uhr morgens mit ihrem Schiff „Sirius“ und sechs Schlauchbooten auf den Beladevorgang und das Ablegen des schwedischen Spezialfrachters „Sigya“, auf dem alle Transporte der Brennelemente für die Zwischenlagerung in Schweden abgewickelt werden. Das Auslaufen des Schiffes konnte jedoch nur kurze Zeit verhindert werden.Auch der Versuch des 34jähri gen Briten Ron Taylor, die Fahrt mit einem Sprung vor das Schiff zu verhindern, scheiterte. Die Polizei fischte den Engländer aus dem Wasser. Wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs erhielt er nebst zwei weiteren Greenpeace– Aktivisten eine Anzeige. Von allen wurden die Personalien aufgenommen und Fotos mit einer großen Pappnummer auf der Brust gemacht, den Journalisten, die die Aktion begleiteten, half da auch der Presseausweis nicht. Ein Hamburger Fotograf mußte vor den Augen der Polizei seinen Film belichten. Anfangs wurde der taz wie auch der Morgenpost von der Polizei der Zutritt zum Hafengelände verwehrt. Morgens zwischen zwei und drei Uhr war bereits ein Güterzug mit abgebrannten Brennelementen aus dem AKW Obrigheim durch den Lübecker Bahnhof zum Hafen gerollt. Zeitgleich mit der Aktion im Hafen, jedoch nicht koordiniert, wie die Polizei vermutete, ketteten sich drei AKW– Gegner aus Steinburg fast zwei Stunden lang an die Hallendeckenverstrebungen im Bahnsteigbereich. Ein Transparent wurde entrollt und Flugblätter verteilt, die die Bevölkerung auf die Gefährliochkeit solcher Bahn– Transporte aufmerksam machen sollte. Während der Aktion wurde ein Bahnsteig gänzlich gesperrt und mehrere Morgenzüge umgeleitet bzw. verspätet abgefertigt.