Schnuller für arme Reiche

■ BMW 750iL heißt der Büffel–belederte Welt–Spitzenreiter der Nahkampfwaffe Automobil / Leuchtende Augen für 120.000 Deutschmark

Berlin (taz) - „Ehrlich gesagt - nicht wahr, Sie nennen doch keinen Namen? - so viel besser als die anderen ist er nicht. Mehr als Autofahren kann man damit auch nicht. Reine Prestigesache, reine Prestigesache ist das“, da ist BMW–Händler L. ganz offen. Aber leuchtende Augen kriegt auch er, wenn er von dem Auto der diesjährigen Automobilausstellung spricht, der Supernahkampfwaffe auf deutschen Autobahnen, namens BMW 750iL. „So was gibt es auf der ganzen Welt nicht“, schwärmt Herr L., „dafür fehlen einem die Worte.“ Wo Worte fehlen, helfen Vergleiche: Eine Kavallerie von 300 Pferden wird man sich vorzustellen haben, wenn ab 1988 eine dieser Kutschen lichthupend mit 250 Sachen über die Autobahn prescht. Landet sie als Totalschaden an der Leitplanke, wären auf einen Schlag 120.000 Mark futsch oder umgerechnet der taz–Lohn von acht Jahren. Von einem der beheizten, elektrisch steuerbaren Rückspiegel dieser 300spännigen Karosse müssen Sozialhilfeempfänger einen Monat lang leben, und mit den Fußmatten - passend zu der Büffellederpolsterung in den Farben „Siam“ oder „Kardinalrot“ - könnte man immerhin die Monatsmiete für eine Einzimmerwohnung begleichen. Satte 20 Liter Benzin braucht diese Fünf–Meter– Limousine, wenn sie sich im Stadtverkehr von Ampel zu Ampel schiebt, und „ehrlich gesagt, ausfahren können Sie dieses Auto mit seinen 250 Sachen sowieso nicht“, räumt auch BMW–Händler L. ein, „aber selbst wenn wir heute Tempo 100 hätten, die Leute würden den 750er trotzdem kaufen. Das ist reine Imagesache, man will einfach was Besonderes sein.“ Insgesamt haben bisher an die 10.000 Menschen mit einer Vertragsunterschrift ihr dringendes Bedürfnis unter Beweis gestellt, für über 100.000 Mark dies Stück Besonderheit besitzen zu wollen. „Das ist was für all die reichen Leute, die schon alles haben. Die suchen doch immer wieder nach was Neuem. Was sollen die auch machen? Wenn man den ganzen Tag gearbeitet hat, hat man doch immer das Gefühl: Du hast mehr gegeben, als du rausgekriegt hast. Und da braucht man was zur Kompensation. So wie andere gern Fußballspielen oder gern Fahrradfahren, gehört so ein Auto für viele einfach mit zur Lebensfreude.“ Nun gut, so freuen wir uns denn wenigstens, wenn wir demnächst eine dieser 300–PS–Karossen an der Ampel radelnd hinter uns lassen, daß wir 119.800 Mark gespart haben. Auch schön, oder? Ve.