Grenzenloser Opportunismus

■ Energie–Schaukelpolitik bei der IGBE

Welche energiepolitische Konzeption verfolgt die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie? Will sie wirklich das, was sie tut, oder ist ihr Tun einer politischen Lage geschuldet, die sie gerne anders sähe? Es ist bezeichnend für die IGBE, daß, orientiert man sich an den Reden, auch nach dem Gewerkschaftstag diese Fragen nicht eindeutig beantwortet werden können. Schon immer verstand es der IGBE–Vorstand meisterhaft, sich hinter diplomatisch verklausulierten Formulierungen zu verstecken. Deshalb: Entscheidend ist nicht, was die IGBE sagt - das DGB–Ziel, „rasch“ auszusteigen, gilt für Meyer „nach wie vor“ -, sondern was sie tut. Und hier sind Zweifel nicht erlaubt. Die Gewerkschaft setzt auf den langfristigen Einsatz der Atomenergie, erneuert den nationalen Konsens von „Kernenergie und Kohle“. Mag sein, daß einige Bergleute dieser Linie nur halbherzig folgen, daß sie sich gezwungen sehen, den Atomenergiefetischisten einen Köder vorzuwerfen. Für die politische Praxis sind diese Spekulationen indes ohne Belang. Offen zu Tage tritt etwas anderes: Der grenzenlose Opportunismus - manche mögen es Pragmatismus nennen -, zu dem die IGBE fähig ist. Einst fast „militante“ Kämpferin für die Atomenergie, dann mit Meyer in der Hauff–Kommission für den Zehn–Jahres– Ausstieg, und nun wieder Kommando zurück. Gerade so wie der Wind weht. Laut Lafontaine herrscht in der IGBE eine Atmosphäre wie auf dem Kasernenhof. Das muß wohl so sein, denn eine lebendige Organisation ließe so eine Schaukelpolitik kaum über sich ergehen. Walter Jakobs