Öko–Institut kritisiert Hoechst–AG

■ Gentechnologische Insulinproduktion könne unkontrollierbare Folgen haben / Es gehe nicht um das Wohl von Patienten, sondern um Absicherung von Marktpositionen / Insulinproduktion sei nur „Einstiegsdroge“

Von Imma Harms

Berlin (taz) - Einen Tag nach der Genehmigung der Hoechst–Pilotanlage durch den hessischen Umweltminister Weimar für die gentechnologische Insulinproduktion übte das Freiburger Öko–Institut heftige Kritik an der Entscheidung. Der Minister setze sich damit über seit Jahren geäußerte Bedenken gegen ein solches Vorhaben hinweg, heißt es in einer Presseerklärung des Instituts. Weiter wird darauf verwiesen, daß die unübersehbaren Folgewirkungen nicht kontrollierbarer gentechnologischer Produktion nicht nur in den Reihen kritischer Wissenschaftler gefürchtet würden. Selbst Bundesforschungsminister Riesenhuber habe eigens ein 20Millionen schweres Sicherheitsforschungsprogramm aufgelegt, um die Risiken der Großproduktion abschätzen zu können. Das Öko–Institut erinnert daran, daß die verwendeten genetisch manipulierten Bakterienstämme entgegen den Behauptungen des Konzerns sehr wohl in der Umwelt, etwa im menschlichen Darm, im Boden oder im Wasser überleben können. Ein Gentransfer von manipulierten Bakterien auf die entsprechenden „Wild typen“ sei bereits in vielen Fällen beobachtet worden. Im übrigen seien die Sicherheitsvorkehrungen der Produktionsstätten, für die es immer noch keine verbindliche gesetzliche Regelung gibt, oft nur auf eine „Reduktion der Freisetzung auf ein Mindestmaß“ ausgerichtet. Aus der Tatsache, daß gentechnologisch hergestelltes Insulin auf absehbare Zeit weder besser noch billiger als das aus tierischen Bauchspeicheldrüsen produzierte ist, zieht das Öko–Institut den Schluß, daß es der Hoechst–AG nicht um das Wohl der Patienten gehe. Der Konzern wolle seine Marktposition gegenüber US–amerikanischen und dänischen Anbietern, die den europäischen Markt zu vereinnahmen drohten, langfristig absichern. Außerdem verwende das Unternehmen, das weltweit einen Umsatz von 2,6Milliarden Mark macht, die Insulin–Produktion als „Einstiegsdroge“ in die großtechnologische Verwertung der Gentechnik. Tatsächlich bereitet, Hoechst auch in anderen Produktionsbereichen, etwa bei den Pflanzenchemikalien, die 67% des Umsatzes ausmachen, den Einstieg in die Gentechnologie vor. Bereits im letzten Jahr hatte das Unternehmen mitgeteilt, daß es nunmehr in zwölf Ländern über Möglichkeiten von Freilandversuchen mit manipulierten Pflanzen oder Mikroorganismen verfüge.