Ghaddafi rekrutiert im Libanon

■ Libyen wirbt arbeitslose Milizionäre für den Krieg im Tschad an / Monatslohn bis zu 3.000 Dollar

Aus Beirut Petra Groll

Intensive libysche Rekrutierungskampagnen für die Front im Tschad haben in den vergangenen Wochen in verschiedenen Städten des Libanons stattgefunden. Das libysche Regime umwirbt sowohl Angehörige der verschiedenen palästinensischen Organisationen als auch die arbeitslosen Milizionäre libanesischer Parteien. In der südlibanesischen Hafenstadt Saida und dem angrenzenden Palästinenserlager Ain el Helwue, dem größten Camp im Libanon, berichten potentielle Kandidaten, ihnen sei ein Monatssold von bis zu 3.000 US–Dollar angeboten worden. In der unter syrischer Kontrolle stehenden ostlibanesischen Beqaa–Ebene, wo sich auch ein Trainingslager der libyschen „Revolutionskomitees“ befinden soll, wurde ein Lohn von 1.000 bis 1.500 US–Dollar versprochen. Den libyschen Anwerbungsversuchen leistet die seit Anfang dieses Jahres ständig zunehmende Wirtschaftsmisere in Libanon gehörigen Vorschub. Viele Kandidaten versuchen, sich für einen Jahressold an die Front im Tschad zu verkaufen, vorausgesetzt, das Geld wird bei ihrer Abreise den zurückbleibenden Familien übergeben. Die Reise zur Front soll über das Nachbarland Syrien organisiert werden, das gute Beziehungen zu Libyens Ghaddafi pflegt. Auch Gerüchte von mindestens zwei Flugzeugladungen voller Leichen, die aus dem Tschad über Damaskus an ihre Angehörigen zurückgeführt wurden, können offensichtlich die Mehrzahl der Bewerber nicht von der Reise ins Ungewisse abhalten.