Schlechte Karten für Perez de Cuellar

■ Irans Präsident Khamenei beharrt auf einer Bestrafung des „Aggressors“ Irak / Die Führung in Bagdad droht mit noch härterem Krieg Schweigen über Inhalte der Gespräche des UN–Generalsekretärs in Teheran und Bagdad / Gemeinsame Position der Araber gegen Iran?

Von Beate Seel

Berlin (taz) - Während sich UN– Generalsekretär Javier Perez de Cuellar auf seiner Friedensmission in Teheran und Bagdad in allerstrengstes Stillschweigen über seine Erfolgsaussichten hüllt, sprach Irans Präsident Ali Khamenei am Sonntag deutliche Worte, die ein Scheitern absehbar erscheinen lassen. Radio Teheran zitierte den Staatschef mit den Worten, Iran könne keine Friedensregelung akzeptieren, die nicht den Irak als Aggressor verurteile und bestrafe. Khamenei, der auf die Nürnberger Prozesse gegen Nazi–Kriegsverbrecher verwies, schlug vor, ein ähnliches Verfahren gegen den Irak einzuleiten. Eine bloße Feststellung, der Irak sei der „Aggressor“, reiche nicht aus. Damit ging Khamenei einen Schritt weiter als andere iranische Politiker wie zum Beispiel Parlamentspräsident Haschemi Rafsanjani, der am vergangenen Freitag lediglich eine Verurteilung des Irak gefordert hatte. In dem Text der UN–Waffenstillstandsresolution zum Golfkrieg vom 20. Juli wurde das Problem insofern aufgegriffen, als die Einsetzung eines Gremiums zur Kriegsschuldfrage vorgeschlagen wurde. Dies ging der iranischen Führung nicht weit genug. Doch in der Frage, ob Irak „verurteilt“ oder „bestraft“ werden soll, gehen die Meinungen in Teheran anscheinend auseinander. Rafsanjani und Außenminister Velayati, der am Samstag stundenlange „detaillierte“ Gespräche mit Perez geführt hatte, haben sich offenbar kompromißbereiter gezeigt als Khamenei oder Ministerpräsident Mir Hossein Mussawi, der ebenfalls mit dem UN–Generalsekretär zusammengetroffen war. Aber auch in Bagdad herrscht alles andere als Kompromißbereitschaft. Nach einer Sitzung des Obersten Kommandorates drohte die irakische Führung mit einem noch härteren Krieg, falls Iran die UN–Resolution nicht ohne Abstriche akzeptiert. Schlechte Karten also für Perez de Cuellar, der am Montag seine Gespräche mit der irakischen Führung aufnahm und mit Außenminister Tarek Aziz zusammentraf. Worüber im einzelnen verhandelt wird und welche „Details“ mit Velayati besprochen wurden, wird, wenn überhaupt, erst an die Öffentlichkeit dringen, wenn Perez dem Weltsicherheitsrat in New York berichterstattet hat. Das Gremium wird dann darüber zu befinden haben, ob eine zweite Resolution eingebracht wird, die ein Waffenembargo gegen das Land, das der UNO–Resolution nicht zugestimmt hat, verhängt. Ein solch einseitiges Embargo ist jedoch problematisch, da der Irak es war, der mit seinen Luftangriffen auf Schiffe im Persisch–Arabischen Golf und wirtschaftliche Ziele im Iran die Situation nach einer mehrwöchigen relativen Ruhe wieder eskaliert hat. Außerdem zählen zu der illustren Runde in New York auch Staaten wie China und Frankreich, die selbst mit Waffenlieferungen an die Kriegsführenden Länder ihre Finger mit im blutiges Geschäft des Krieges haben. Die harte Linie, die sich in Teheran offenbar durchgesetzt hat, dürfte auch Folgen auf arabischer Ebene haben. Die Außenminister des Golf–Kooperationsrates gaben am Sonntag nach einem zweitägigen Treffen in Jiddah bekannt, daß sie sich auf eine gemeinsame Position für das Treffen der Außenminister der Arabischen Liga geeinigt haben, das nächste Woche in Tunis stattfinden soll. Bei ihrer letzten Begegnung hatten die Politiker dem Iran eine Frist bis zum 20. September gesetzt, der Waffenstillstandsresolution zuzustimmen. Der saudische Wunsch nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Islamischen Republik fand damals keine Mehrheit. Die Äußerungen Khameneis dürften dazu beigetragen haben, daß das Lager derer, die Sanktionen gegenüber dem Iran befürworten, größer geworden ist.