Mit der Nase am Affi–Schornstein

■ „Robin Wood“ blockiert das Haupttor von Hamburgs Dreckschleuder Nummer Eins / Als Schüler nach Hause geschickt werden mußten, nahm der Senat „Geruchsproben“ / Dioxin–Messungen wurden nicht veranlaßt

Aus Hamburg Gabi Haas

Bei der „Norddeutschen Affinerie“, Hamburgs Dreckschleuder Nummer Eins, stinkts mal wieder gewaltig. Mit einer mehrstündigen Blockade vor dem Haupttor der Metallhütte, die durch den Arsen–Skandal berüchtigt geworden war, demonstrierten gestern etwa 60 Mitglieder von „Robin Wood“ und mehreren anderen Hamburger Umweltschutzgruppen gegen die unerträgliche Geruchsbelästigung, über die die Anwohner der „Affi“ seit Wochen klagen. Erst als in der letzten Woche sogar eine nahegelegene Schule ihre Schüler mit Kopfschmerzen und Hustenreiz nach Hause schicken mußte, reagierte endlich auch die Umweltbehörde. Per Hubschrauber wurden am Affi–Schornstein in 24 Meter Höhe Abgasproben entnommen, die gegenwärtig noch vom TÜV ausgewertet werden. Dabei handelt es sich um sogenannte Geruchsproben, die nicht chemisch untersucht, sondern lediglich auf ihre unterschiedlichen „Duft“–Noten hin analysiert werden. So wurden auch keine Dioxin– Messungen veranlaßt, obwohl sich der Verdacht erhärtet hat, daß mit der stinkenden Abgasfahne auch das geruchslose Supergift in die Umwelt gepustet wird. Die beißende Geruchsfahne kommt nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Kamin eines Schachtofens, in dem auf der Grundlage einer Genehmigung aus dem Jahre 1926 Schrott verbrannt werden darf. Daß es sich dabei schon seit Jahren um stark Kunststoff–haltigen Computerschrott handelt, ist der Umweltbehörde nach eigenen Angaben jedoch erst seit zwei Wochen bekannt. Bei der Verbrennung von Kunststoffen können bekanntlich eine ganze Palette von Giften - darunter Dioxine und das krebserzeugende Formaldehyd - freigesetzt werden. Um so erstaunlicher, daß die Umweltbehörde rechtliche Eingriffsmöglichkeiten gegenüber der „Norddeutschen Affinerie“ nur über den Vorwurf der „Geruchsbelästigung der Anwohner“ gegeben sieht.