Shultz trifft Schewardnadse

■ Gestern begann der sowjetisch–amerikanische Außenminister–Gipfel in Washington / Weiter Streit um Mittelstreckenraketen: Zerstören oder einlagern?

Aus Washington Stefan Schaaf

Den Weg zu einem Vertrag über europäische Mittel– und Kurzstreckenwaffen und zu einem dritten Gipfeltreffen zwischen Präsident Reagan und dem sowjetischen Parteichef Gorbatschow freimachen wollen die Außenminister der beiden Supermächte bei ihrem Treffen in Washington. Beide Seiten bekräftigten gestern ihren Optimismus, dieses Ziel erreichen zu können, auch wenn um das Kleingedruckte in dem INF– Abkommen noch gestritten wird. Immer noch nicht geklärt ist unter anderem, ob die sowjetische Seite bereits mit der bundesdeutschen Zusicherung zufriedengestellt ist, die veralteten Pershing 1A– Raketen zwar mittelfristig zu verschrotten, sie jedoch aus dem Abrüstungsvertrag auszuklammern. Umstritten ist gleichfalls, in welcher Weise die aus Europa abzuziehenden Atomraketen zu zerstören seien. Während die Sowjetunion verlangt, daß von den Kriegsmaschinen und den atomaren Sprengköpfen nichts als wertloser Schrott übrigbleiben dürfe, ist man in den USA auf ein teilweises Recycling erpicht. Besonders weit will dabei Verteidigungsminister Weinberger gehen, der die Raketen einlagern und später evtl. konventionell bewaffnen möchte. Zumindest hätte er einige der Pershings gern als Testgeschosse für das SDI–Versuchsprogramm behalten. Hierin wurde er jedoch, vor allem von Reagan, überstimmt. Fortsetzung auf Seite 2 Präsident Reagan rühmte sich am Montag, daß der am gleichen Tag von den USA in Genf unterbreitete Vertragsentwurf für ein INF–Abkommen die strengsten Kontrollvorschriften in der Geschichte enthalte. Doch noch im letzten Monat hatten die USA wesentlich strengere Verifizierungsregeln gefordert, so etwa die Möglichkeit, Rüstungsunternehmen in der Sowjetunion praktisch ohne Voranmeldung inspizieren zu können. Wie es heißt, ist Druck aus dem Pentagon und der US–Rüstungslobby daran schuld, daß die Forderungen zurückgenommen wurden - denn die Perspektive sowjetischer Kontrolleure in den US–Waffenschmieden hatte einigen Militärs schlaflose Nächte bereitet. Am Dienstag mittag soll außerdem ein sowjetisch–amerikanisches Abkommen über ein Warnsystem in Krisenzeiten, das die Möglichkeit eines (versehentlich) entfesselten Atomkrieges verringern soll, mit den Initialen der Außenminister versehen werden.