I N T E R V I E W „Wir hoffen, daß er uns zuhört“

■ Keine Papstaudienz für Schwule / James Bussen, Nationaler Präsident von „Dignity“, der einflußreichsten Organisation schwuler Katholiken zum Papstbesuch

taz: Wie ist Dignities Haltung zum Besuch des Papstes in den Vereinigten Staaten? James Bussen: Wir heißen ihn willkommen, wir hoffen, daß er die Gelegenheit nutzt, uns zuzuhören, und wir beten für einen erfolgreichen Besuch. Wie stehen Sie zur offiziellen katholischen Lehre über Homosexualität? Wir haben den Ratzinger–Brief unter Protest zurückgeschickt und gesagt, daß wir ihn nicht akzeptieren. Wir haben außerdem um eine Audienz mit dem Papst gebeten, wenn er in die USA kommt, doch ist dies abgelehnt worden. Wie werden Sie von der Kirchenhierarchie behandelt? Man behandelt uns als Bürger zweiter Klasse. Unser Standpunkt ist, daß die Kirche sich in der Vergangenheit gewandelt hat und daß sie es weiter tun wird. Wenn Gott Schwule und Lesben geschaffen hat, so wird er gewünscht haben, daß es sie gibt. Wie leben Sie mit dem Dilemma, von Ihrer Kirche für Ihr Schwulsein kritisiert zu werden? Es ist sehr schwer, damit zu leben. Aber wir haben Ausdauer und unseren Glauben. Wie geht die Kirchenhierarchie mit Ihrer Organisation um? Uns ist an bisher dreizehn Orten verboten worden, Messen für schwule Katholiken abzuhalten. Der Erzbischof von Washington hat seinen Priestern gar untersagt, Gottesdienste für unsere Organisation zu veranstalten, so daß sie dort ohne Priester seines Bistums stattfinden. Ich hoffe, daß dies aufhört, denn es widerspricht der Funktion der Kirche, Hirte zu sein. Wie hat sich die Situation für Schwule in der katholischen Kirche in den letzten Jahren verändert? Sie ist viel schwieriger geworden, ich weiß von einer großen Zahl von Katholiken, die die Kirche wegen ihrer rigiden Haltung verlassen haben. Hängt dies mit Papst Johannes Paul und den von ihm ernannnten, eher konservativen Bischöfen zusammen? Ich denke schon. Was denken Sie über die Proteste von Schwulen, vor allem in San Francisco, gegen den Papstbesuch? Ich begrüße sie, schließlich hat jeder das Recht zum Protest. Ich hoffe, daß die Demonstrationen gut bedacht und von Respekt für Johannes Paul als Individuum geprägt sein werden. Ich hoffe gleichzeitig, daß wir durch sie mehr Aufmerksamkeit für unsere Belange ernten. Interview: Stefan Schaaf