Hessen–CDU bricht Wahlversprechen

■ Dritter Chemiemüll–Verbrennungsofen für Biebesheim bringt Kreis– und Lokalpolitiker auf die Palme / Zur Entsorgung sollen 30.000 Tonnen Giftmüll zusätzlich verbrannt werden

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Biebesheim (taz) -Mit der Entscheidung des Wallmann–Kabinetts zum Bau eines dritten Sondermüll–Verbrennungsofens im südhessischen Biebesheim hat die hessische CDU ihr Umwelt– Wahlversprechen Nr.1 gebrochen. Denn noch kurz vor der vorgezogenen Landtagswahl vom 5. April hatten die Christdemokraten lauthals verkündet, daß der umstrittene dritte Giftmüllofen in Biebesheim „niemals“ gebaut werden würde. Als „schmerzlichen Punkt“ bezeichnete es Hessens christdemokratischer Umweltminister Karlheinz Weimar auf einer Pres sekonferenz vor Ort, daß man in Wiesbaden entgegen der Wahlversprechungen habe handeln müssen. Allerdings habe man das „Wohl des ganzen Landes Hessen“ gegen die Bedenken der Anwohner abwägen müssen, meinte Weimar. Zuvor hatten sich sowohl der Landrat des Landkreises Groß–Gerau, Willi Blodt (SPD), als auch die Gemeindeparlamentarier aller Parteien und Ortschaften um Biebesheim mit Vehemenz gegen den dritten Chemiemüll– Verbrennungsofen ausgesprochen. Die Politiker kündigten vorsorglich Klagen gegen den von Umweltminister Weimar angestrebten „umfassenden Planfeststellungsbeschluß“ für alle drei Biebesheimer Öfen an. Weimar selbst legte offen, daß mit dem dritten Ofen in Biebesheim die Chemiemüll–Entsorgungsprobleme des Landes noch nicht gelöst seien. Die Landesregierung plant die Errichtung einer weiteren Chemiemüll–Verbrennungsanlage in Nord– oder Mittelhessen, denn in den nächsten zehn Jahren werde sich das Chemiemüll–Aufkommen noch steigern. Standortuntersuchungen würden im Oktober vorliegen. Für die Grünen im Landtag erklärte der Abgeordnete Chris Boppel, daß sich die Landesregierung „skrupellos über regionale– und kommunale Bedenken hinweggesetzt“ habe.