SDI kein „Opfer auf dem Altar der Abrüstung“

■ Nach der Einigung über den weltweiten Abbau von Mittelstreckenraketen: Weinberger und Reagan forcieren SDI–Projekte, die angeblich kein Verstoß gegen das Raketenabwehr–Abkommen (ABM) sein sollen / Belgien und Niederlande wollen auf Cruise Missiles verzichten

Von Michael Fischer

Berlin (taz) - Der Noch–Direktor der US–Behörde für Rüstungskontrolle und Abrüstung, Kenneth Adelman, wußte es wieder einmal besser. Während die europäischen Regierungen mit Ausnahme Frankreichs die Einigung zwischen den Supermächten über den weltweiten Abbau aller landgestützten Mittelstreckenraketen als „historisches Ereignis“ feierten, die Regierungen in Holland und Belgien sogar auf die weitere Stationierung der für ihre Länder vorgesehenen Cruise Missiles verzichteten wollen, warnte Abrüstungsgegner Adelman die Alliierten vor übereilter Freude: trotz des Abkommens sei noch kein „Friede ausgebrochen“. Sein Präsident blies in dasselbe Horn, ob wohl der sowjetische Außenminister Schewardnadse bezüglich SDI Flexibilität gezeigt hatte: „SDI werde ich keinesfalls auf dem Altar der Abrüstung opfern.“ Pentagon–Chef Weinberger hatte am Vortag sechs weitere Elemente des „Krieg der Sterne“–Programms zur Entwicklung freigegeben, obwohl es dem Senat am Donnerstag nach viermonatigen Verhandlungen endlich gelungen war, einen Gesetzesvorschlag zu beschließen, der SDI–Tests begrenzen soll. Falls der Vorschlag Gesetz wird, müßte sich die Reagan–Regierung bei weiteren SDI–Tests an die „enge Auslegung“ des 1972 geschlossenen ABM–Vertrags über die Abwehr von Atomraketen halten. Die Entscheidung war möglich geworden, nachdem der einflußreiche demokratische Senator und Nullösungs–Gegner Sam Nunn androht hatte, die demokratische Mehrheit im Senat werde zusammen mit den Ultrarechten die Ratifizierung des Mittelstreckenraketen–Abkommens verzögern, falls Reagans Parteikollegen im Senat den SDI–Auflagen nicht zustimmt. Nach Angaben des Pentagon sollen die jetzt angekündigten Tests nicht gegen die „enge Auslegung“ des ABM– Vertrags verstoßen. Bevor das Mittelstreckenraketen–Abkommen die Hürden der Ratifizierung durch den Senat nehmen muß, sind allerdings noch Meinungsunterschiede bezüglich des Zeitplans für den Abbau und dessen Überprüfbarkeit zu überwinden. 1.015 Mittelstreckenraketen kürzerer und längerer Reichweite sollen demontiert werden, 683 von der Sowjetunion und 332 von den USA. Der Kreml hatte vorgeschlagen, die Raketen kürzerer Reichweite in zwei Jahren und die mit längerer Reichweite innerhalb von fünf Jahren abzubauen. Reagan möchte hingegen die Abbauperiode auf ein bzw. auf drei Jahre begrenzen.