Rettungsanker Stiftung?

Oldenburg (taz) - Die prinzipielle Entscheidung fiel bereits am Samstagabend, nach einer kurzen, eher leidenschaftslos geführten Debatte: Die große Mehrheit der Delegierten hob die Stimmzettel zum „Ja“ für die Gründung ei ner grün–nahen Stiftung. Dann begann der schwierigere Teil. Die Diskussion um das wie. Dieser Parteitag stand unter dem Druck, gerade wegen der vielen Unkenrufe vom Ende der Grünen, sich als entscheidungsfähig beweisen zu müssen. Offenkundig wollten die Delegierten etwas entscheiden, um in der Presse nicht nur Negativ–Schlagzeilen zu produzieren. Die Anträge, es bei einem Meinungsbild zu belassen, und die endgültige Entscheidung über die Gestalt dieser Stiftung zu vertagen, wurden mit großer Mehrheit zurückgewiesen. Vier Modelle lagen den Delegierten vor: Das Bewegungsmodell, das Ländermodell, die Frauenstiftung und das Projekt einer Heinrich Böll–Stiftung. Auch ohne den Zustand der Partei im Nacken, wäre es keine leichte Entscheidung geworden: Keines der Modelle, da war sich die Versammlung einig, sollte in einer Kampfabstimmung den Sieg davontragen, sondern tatsächlich von einer breiten Mehrheit getragen werden. In der Stiftungsdebatte selbst fiel zweierlei auf: Beim Thema Frauenstiftung wurden die Befürworterinnen der anderen Vorschläge fast bejubelt, die sich als die „normalen“ Frauen von der Frauenstiftung absetzten: Zum Beispiel als Barbara Droescher, eine Verfechterin des Ländermodells der AL Berlin, die von den Befürworterinnen der Frauenstiftung als von „sektiererischem Feminismus“ sprach. Eine Vertreterin der Frauenstiftung nannte das „Hexenjagd“ und „Jagd auf die Sufragetten“. Bei der Kritik am Modell der Heinrich–Böll–Stiftung kam in den Zwischentönen immer wieder Intellektuellenfeindlichkeit hoch. So zum Beispiel als der alte SDSler Rainer Langhans eine nachdenkliche Rede hielt, die sich wohltuend vom Niveau und Stil der anderen Redebeiträge absetzte. Sein Vorschlag lag tatsächlich etwas abseits: Diejenigen, die über die Stiftung zu entscheiden hätten, sollten sich einmal einen Tag lang mit sich selbst beschäftigen, ohne Zeitung, Radio und Bücher, und am Ende würden sie ein Ergebnis haben. Doch da skandierten die Deligierten längst abfällig. Als Karl Bonhoeffer, Mitglied der Ärzte–Initiative gegen den Atomkrieg, der für das Böll–Modell sprach, ans Mikrophon ging, begann das Skandieren noch vor seiner seiner Redezeit. Überhaupt kam in der Kritik am Böll–Modell viel Abneigung gegen grüne Promis hoch: „Promihaufen“, „Personenkult“, „Treffpunkt der grün–alternativen Vorzeigeintellektuellen“. Christa Nickels hielt vehement dagegen: Diese Kritik sei „borniert“ und „ignorant“: Die, die da als „Promihaufen“ beschimpft würden, seien mit den Grünen solidarischer und respektvoller umgegangen, als Grüne aus den eigenen Reihen. Die größte Lobby fand schließlich das Ländermodell (ein Dachverband aller grün–nahen Bildungswerke der Bundesländer), das die Vertreter der Landesverbände in der Bundesstiftungskommission der Partei ausgearbeitet hatten: Gerade deshalb bekam es wohl auf Anhieb die meisten Stimmen. Ursel Sieber