Manila: Mord an Oppositionsführer

■ Chef des Linksbündnisses BAYAN erschossen / Linke hielt trotzdem am Demoaufruf für heute fest

Manila (ap/wps/taz) - In Manila ist am Samstag abend der bekannteste Führer der philippinischen Linken, Leandro Alejandro, ermordet worden. Daraufhin sind die Streitkräfte in Manila und mehreren Provinzen des Landes in Alarmbereitschaft versetzt worden. Am Samstag abend hatte Alejandro, Generalsekretär des Linksbündnisses BAYAN, während einer Pressekonferenz in Manila eine Großdemonstration für den heutigen Montag angekündigt, mit der gegen die jüngsten Zugeständnisse der Präsidentin Aquino gegenüber dem Militär demonstriert werden sollte. Der 21.September ist ein traditioneller Kampftag gegen Rechtstendenzen und Diktatur: Am 21.September 1972 hatte Präsident Marcos das Kriegsrecht ausgerufen, das erst mit seinem Sturz wieder aufgehoben wurde. Weniger als eine Stunde nach der Pressekonferenz ist Alejandro vor dem BAYAN–Hauptquartier aus einem Lieferwagen heraus von Unbekannten erschossen worden. Der Mord hat unterdessen zu Spekulationen in Manila Anlaß gegeben, daß es zur Ausrufung des Nationalen Notstandes kommen könnte. BAYAN hielt dessen ungeachtet am Demoaufruf für den heutigen Montag fest. Vor wenigen Tagen erst hatte Leandro Alejandro in Telefongesprächen mit Korrespondenten ausländischer Nachrichtenmedien Sorgen über seine persönliche Sicherheit geäußert. Die Militärbehörden der Hauptstadt hatten ihm noch vor zehn Tagen die Verhaftung angedroht. Fortsetzung auf Seite 6 Es gebe bisher keine Hinweise auf die Identität der Mörder Alejandros, erklärten die Militärs am Wochenende, aber man vermute sie in den Reihen der rechtsgerichteten Todesschwadrone. Die Witwe Alejandros machte am Samstag abend die Präsidentin für die Angriffeauf die Linksopposition und den Mord an ihrem Gatten verantwortlich. Die Regierung erklärte in einer Stellungnahme ihr Bedauern über die Gewalttat. Der Mord an Alejandro ist der dritte in einer Reihe von Anschlägen gegen linksgerichtete Politiker. Im August war der Beauftragte der Präsidentin für die regionale Selbstverwaltung, Jaime Ferrer, bei einem Anschlag ums Leben gekommen. Im Dezember letzten Jahres starb Rolando Olalia, Führer der linken Arbeiterko alition „Bewegung Erster Mai“, einen grausamen Foltertod. Die Mörder und Folterknechte sind immer noch unerkannt auf freiem Fuß. Der 27jährige Leandro Alejandro ist die bekannteste Persönlichkeit der Oppositionsgruppe „Neue Patriotische Koalition“, kurz BAYAN genannt, die im März 1985 als politisches Bündnis verschiedener Basisgruppen gegründet wurde. Insgesamt umfaßt der Verband 500 Organisationen mit cirka 2,5 Millionen Mitgliedern: Gewerkschaftern, Studenten, Bauern und Angehörige nationaler Minderheiten. BAYAN arbeite mit anderen Organisationen der Linken zusammen und wird vom Militär als Frontorganisation der Kommunisten diffamiert. Vor zwei Wochen hatte der stellvertretende Generalsekrtär der Organanisation, Baltazar Pinguel, gegenüber der taz erklärt, daß man auch nach dem jüngsten Militärputsch die Regierung Aquino durch Streiks und Demonstrationen zu Zugeständnissen bei der Landreform und der Erweiterung der demokratischen Rechte zwingen werde. r.h.