Barschels Sprecher wußte von Wanze

■ Reiner Pfeiffer hat dem Pressesprecher der schleswig–holsteinischen Regierung, Gerd Behnke, über das Abhörgerät informiert / Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP haben begonnen

Von Nikolaus Müller–Schöll

Berlin/Kiel (dpa/taz) - Belastet von der „Affäre–Barschel“ begannen gestern die Koalitionsverhandlungen in Kiel. Barschels Pressesprecher Gerd Behnke hat nämlich eingeräumt, daß Pfeiffer ihm von dem Auftrag Barschels, eine Wanze zu besorgen, Mitteilung gemacht habe. Gleichzeitig wies er jedoch den Verdacht, ein Komplize von Pfeiffer gewesen zu sein, als „absurd“ zurück. Der FDP–Abgeordnete Neithart Neitzel forderte unterdessen, daß die Rolle Behnkes aber auch die seines Stellvertreters Ahrendsen in der Affäre geklärt werden müsse. Neitzel sagte, es sei bemerkenswert, daß Behnke weder am Freitag an der Barschel–Pressekonferenz teilgenommen, noch eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt habe. Ahrendsen habe lediglich eine eidesstattliche Versicherung zu der Steuerangelegenheit abgegeben, sich aber nicht zur Bespitzelung von Björn Engholm, der Beschaffung einer Wanze und der Zersetzungstätigkeit gegenüber der Unabhängigen Wählergemeinschaft Schleswig–Holstein geäußert. Pfeiffer wertete Behnkes Äußerungen als Beleg dafür, daß er der Presse „keinen Bären aufgebunden“ habe. In den Koalitionsverhandlun gen gibt es außer der schwelenden Affäre noch weitere Knackpunkte: Die FDP will das Wahlrecht ändern, ein eigenständiges Umweltministerium einführen, mehrere Stiftungen abschaffen und die Landesbeteiligung an den Howaldtwerken–Deutsche Werft AG veräußern. Damit wird sie auf Widerstand in der CDU stoßen. Dennoch denkt die FDP nach den Worten ihres Landesvorsitzenden Wolf–Dieter Zumpfort nicht an ein Umschwenken zur SPD. Das sei „wie bei der Guillaume–Affäre“, die FDP stehe zur Koalition und mische sich nicht in die Personalfragen des Partners ein. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt fordert die FDP jedoch noch nicht, daß Uwe Barschel wie seinerzeit Willy Brandt die politische Verantwortung übernimmt und zurücktritt. Allerdings sagte Zumpfort gestern kurz vor dem Beginn der Koalitionsverhandlungen erneut, daß alle Vorwürfe restlos entkräftet sein müßten, bevor die FDP sich an der Regierung beteiligen könne. Außerdem wollten die Liberalen die Koalitionsverhandlungen sofort unterbrechen, wenn sich an der derzeitigen „Sachlage“ etwas ändere. Für Zumpfort stellt sich die Koalitionsfrage auch dann nicht, wenn Uwe Barschel zurücktreten muß. Er rechne damit, daß dann ein neuer Ministerpräsident mit den Stimmen von FDP und CDU gewählt werden könne. Zumpfort rechnet für diesen Fall mit einer Bestätigung im dritten Wahlgang, bei dem die einfache Stimmenmehrheit ausreicht. Voraussetzung: Der SSW–Abgeordnete Meyer enthält sich und alle Koalitionskandidaten stimmen für den CDU–Kandidaten. Die knappen Mehrheiten hätten eine „schicke Situation“ herbeigeführt, eine „Stunde des Parlaments“. Ähnlich sieht es der Hamburger FDP–Vorsitzende Robert Vogel. Vogel, der zum rechten Flügel seiner Partei zählt und einer der Drahtzieher der SPD/FDP–Koalition in Hamburg war, hat in der vergangenen Woche seine schleswig–holsteinischen Parteifreunde zum Überdenken ihrer Koalitionsaussage aufgefordert. Er sieht die schleswig–holsteinische FDP in einer sehr starken Position. „Ich möchte nicht Koalitionsgespräche auf der Seite der CDU führen.“ Sollte Barschel zurücktreten, hält er jedoch Neuwahlen für die „sauberste Lösung“. Das sieht Zumpfort anders. Gegenüber der taz sagte er gestern: „Wir haben kein Interesse an Neuwahlen!“