Feudalallüren

■ „Affäre Barschel“: Affäre Nord–CDU!

Die Bezeichnung „Affäre Barschel“ ist ein Euphemismus. Was unter diesem Titel gegenwärtig durch die Medien geht, ist bestenfalls die Spitze eines Eisbergs. Spätestens seit dem Maulkorberlaß für die Presse stehen die gesamte CDU– Landesregierung und die durch sie geprägte Verwaltung zur Disposition. Journalisten fragen, Politiker antworten nicht“ ist im Mediengeschäft nichts Neues. Daß aber ein aufs äußerste belasteter Ministerpräsident Regierung und Verwaltung anweisen kann, Informationen nur noch durch ein ihm genehmes Nadelöhr zu schleusen, ist erstaunlich. Durch ein Nadelöhr wohlgemerkt, das ursächlich für die Affäre verantwortlich war, die Regierungspressestelle nämlich. Hier hat Pfeiffer - egal auf wessen Weisung - gearbeitet und, wie es Pressesprecher Ahrens nun so unnachahmlich auszudrücken weiß, „konspiriert“. Und genau diese Leute, wie Regierungssprecher Behnke zum Beispiel, der ja bereits zugab, von Pfeiffers Aktivitäten informiert worden zu sein, sollen jetzt verfassungsnötige journalistische Neugier unter Ausschaltung aller sonstigen Informationsquellen in Regierung und Verwaltung befriedigen? Ein deutscher Kleinstaatenfürst des 18. Jahrhunderts hätte das nicht besser drehen können. Doch damit nicht genug. Das Perpetuum mobile der vorauseilenden Machterhaltung dreht sich auch in der Justiz des Landes. Keine Aktion, als Engholm anzeigte, keine Reaktion als Pfeiffer im Spiegel unter Eid zum ersten Mal sein Wissen preisgab. Doch kaum gab Barschel sein „Ehrenwort“, rotierte die Staatsanwaltschaft. So wird die Affäre Barschel zur Affäre „Nord–CDU“. Wir werden sehen, wie lange das Land sich das noch gefallen läßt. Tom Janssen