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Statt Barschel–Rücktritt Maulkorb für die Presse

■ Kieler Regierung zieht Notbremse und verbietet Journalisten–Kontakte mit Ministerien / Barschel wußte doch früher als behauptet von Pfeiffers Wanzenaktion / Regierung gibt zu: Pfeiffer arbeitete im Amt für die CDU

Aus Kiel Tom Janssen

Schleswig–Holsteins sonst so regierungsfromme Journalisten schäumten. Nachdem sich weitere Vorwürfe des Reiner Pfeiffer bestätigten, zog die Landesregierung die Notbremse. Regierungsstellen dürfen nun keine Auskunft in der Affäre um den Noch–Ministerpräsidenten Uwe Barschel mehr geben, nur noch mit den beiden Regierungssprechern Gerd Behnke und Herwig Ahrens dürfen die Medien reden. Dabei war es gerade Behnke, der zugab, von Pfeiffer über seine Wanzen–Suchaktion für den Ministerpräsidenten informiert worden zu sein. Selbst die zurückhaltende Deutsche Presseagentur sprach daraufhin vom „Maulkorb“, andere formulierten gar „Zensur“. Behnke wollte davon gestern nichts mehr wissen: Es ginge nicht um einen Maulkorb, erläuterte er, sondern im Gegenteil um eine besondere Hilfestellung für die unter der Informationsflut zusammen brechenden Journalisten. Ungewöhnlich scharfe Anfragen wollte Behnke nicht beantworten, und als ihm die Landespressekonferenz schließlich eine Art Ultimatum setzte, zog er sich beleidigt zurück - ohne daß der Maulkorberlaß aufgehoben wurde. Im Laufe des Vormittags empörte sich darüber der FDP–Abgeordnete Neithart Neitzel und forderte die Aufhebung des Maulkorbes. Davon allerdings den Fortgang der Koalitionsverhandlungen zwischen FDP und CDU abhängig zu machen - das wollte Neitzel auf Befragen dann doch nicht. Druck und Empörung führten immerhin dazu, daß am Nachmittag die in der gespannten und gereizten Atmosphäre abgebrochene Pressekonferenz fortgeführt wurde. Die Kernfrage, ob es personelle Konsequenzen auf die Tatsache gäbe, daß Pfeiffer als Angestellter der Landesregierung agierte, wurde mit einem schlichten „Nein“ beantwortet. Nur wenn im parlamentarischen Untersuchungsausschuß in Kiel neues belastendes Material auftauchen würde, könne man über Konsequenzen reden. Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Was dann folgte, war ein Reigen von Ausflüchten und Nicht–Wissen. Und wieder geriet der schlewswig–holsteinische Ministerpräsident erheblich ins Zwielicht. Auf Nachfrage stellte sich nämlich heraus, daß er von Pfeiffers Wanzenanfrage an den Verfassungsschutz sehr wohl vor seinem großen Reinwaschungsauftritt vergangenen Freitag informiert wurde - allerdings nur am Rande und vertraulich, wie Pressesprecher Behnke betonte. Den schriftlichen Vorgang will Barschel erst nach seiner Pressekonferenz gesehen haben. Hier hatte er mit Ehrenwort versichert, von einer Wanze für Pfeiffer überhaupt nichts zu wissen. Widersprüche auch im Bild der hochkriminellen Energie des Herrn Pfeiffer: Als Journalisten fragten, wieso der denn ohne Haftbefehl in den Urlaub hätte fahren können, mußte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft einräumen, daß es für einen Haftbefehl keine gesetzlichen Gründe gebe und auch der Verdacht der Verdunkelung entfalle. Behnke und sein Stellvertreter Herwig Ahrendsen räumten außerdem ein, daß Pfeiffer in der Pressestelle der Kieler Landesregierung nicht nur mit Medienbeobachtung, wie sein Posten offiziell umrissen war, befaßt gewesen sei. So habe er Pfeiffer den Gesprächs kontakt mit dem Dithmarscher CDU–Kreisgeschäftsführer Klaus Thießen verschafft, sagte Ahrendsen. Der Medienreferent habe den stellvertretenden Regierungssprecher darum gebeten, um Kontakt zu CDU–Stellen im nördlichsten Bundesland zu bekommen. Pfeiffer habe sich damit auf Reaktionen der Regierungspressestelle gegen Angriffe des „politischen Kontrahenten“ vorbereiten wollen und sollen, um auf die „Attacken“ schnell reagieren zu können, sagte Ahrendsen. Er sehe keinen Widerspruch darin, daß sich die Regierungsstelle auch mit dem politischen Gegner beschäftige. Behnke ergänzte, man könne „nicht schizophren die politische Linie der Landesregierung und die der CDU auseinanderhalten“. Pfeiffer hatte angegeben, er habe mit dem Dithmarscher CDU– Funktionär gesprochen, um eine Unterschrift für eine Anzeige gegen den schleswig–holsteinischen SPD–Spitzenmann Björn Engholm wegen angeblicher Steuerhinterziehung zu bekommen.

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