Und cool geht der IWF an die Tagesordnung

■ Der taz–Korrespondent beim großen Geld wundert sich über die lasche Sicherheitslage bei Weltwährungsfonds und Weltbank / Von der gemeinsamen Weltwährungskonferenz werden keine wegweisenden Beschüsse erwartet

Aus Washington Uli Kuhlke

Zwei unscheinbar beige elf– beziehungsweise zwölfgeschossige Gebäude in Washingtons ebenso unscheinbarer 19. Straße, der Eleganz einer Landeszentralbank ähnlich: Das ist die architektonische Hülle der Institutionen, deren Namen in der politisch wie wirtschaftlich interessierten Szene mancherorts die Emotionen hochkochen lassen. Allein die Embleme - jeweils rund, wie die Welt, an deren Geschicken hier gedreht wird - verraten dem Betrachter: hier residieren Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF). Die Emotionen bleiben nicht nur draußen vor, wenn jetzt die gemeinsame Weltwährungstagung beider Häuser beginnt - sie sind weit weg. Niemand will dem real existierenden IWF ans Leder, kaum mehr als Gesichtskontrollen, keine Videoüberwachung, keine Cops am Hinterausgang. Und die Insassen bleiben auch während der Tagung so cool wie die Betonklötze. Ob aus Nord oder Süd, ob ständig präsenter „Staff“ oder eigens angereiste Delegation, man freut sich augenscheinlich zuallererst mal seines Jobs. Und wenn es darum geht, ob die „draußen in der Welt“ aufkommenden Emotionen nicht doch einmal überschwappen könnten, gibts erstmal nur eine Vorstellungsebene: „Wissen Sie, Terro rismus braucht ein Umfeld, und das ist hier nicht vorhanden“, meint ein höherer Angestellter des IWF zur taz. Ganz cool wird man denn auch an die Tagesordnung gehen. Niemand erwartet von der Jahrestagung wegweisende Beschlüsse; ganz nebenbei darf aber der Beobachter nachvollziehen, wie „große Politik“ in Druckerschwärze konvertiert wird. Kaum dem Flugzeug entstiegen, gibt Bundesfinanzminister Stoltenberg ein „Briefing“ für seinen Journalistentroß: Die USA sollten ihre Haushaltsverschuldung in den Griff bekommen, sagt der Minister. Am nächsten Tag steht das im Wall Street Journal, dessen Vertreter pflichtgemäß mitge schnitten hat, an hervorgehobener Stelle. Und wenn dann auch noch der fällige bissige Kommentar dieser angesehenen US–Wirtschaftszeitung über die Agenturen gegangen ist und am übernächsten Tag in der FAZ in Auszügen nachgedruckt wird, meint der unbefangene Leser dieser angesehenen bundesdeutschen Zeitung, in Washington müsse ja ganz schön was los sein. Und dabei gibt es kaum einen älteren Hut in den transatlantischen Wirtschaftsstreitereien. Diese Zeremonien muß der taz–Leser im Hinterkopf haben, wenn er von folgenden „Konfliktlinien“ im Zuge der Weltwährungskonferenz hören wird: Seit Donnerstag und noch bis heute tagt die „Gruppe der 24“, eine von der UNO–(Entwicklungsländer–) „Gruppe der 77“ geschaffene Interessenvertretung bei Weltbank und Währungsfonds. Sie werden anschließend die Forderung an die Gläubigerländer richten, ihre Zins– und Kreditrückzahlung in ein vernünftiges Verhältnis zu ihren jährlichen Export–Deviseneinkünften stellen zu dürfen. Wenn am Montag der gemeinsame Entwicklungsausschuß von Weltbank und Fonds tagt, werden sich die Kleinaktionäre, die Schuldnerländer, von den Großaktionären, den Gläubigern, sagen lassen müssen: „Eine vernünftige Zinsreduzierung - Ja! - aber nur in Einzelfallösungen.“ Im übrigen gilt bei neuen Krediten und Umschuldung: Anpassungsprogramme, sprich Exportausweitung, was die Tropenwälder hergeben. Zwischendurch haben am morgigen Sonntag Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg, seine Kollegen Miyazawa aus Japan sowie (mit Heimrecht) James Baker im Interimskomitee beider Organisationen eine Dreimann–Show vor den kanadischen, französischen, britischen und italienischen Reservespielern abgezogen: Der Aufschlag: Das Haushaltsdefizit der USA verschärfe auch über die damit zusammenhängende immense Auslandsverschuldung des Landes die Gefahr eines Dollarkollapses, der die Exportwirtschaft der anderen Länder ruinieren könne. Leider kein As, denn es folgt der Return: Die BRD und Japan sollen ihre Wirtschaft ankurbeln, um mehr aus den USA einkaufen zu können und somit deren Handelsbilanz und den Dollar zu stabilisieren. Japan überrumpelt schließlich die BRD mit einem Netzroller, weil man selbst ein Konjunkturprogramm aufgelegt hat, während Bonn sinkende Wachstumsraten eingestehen muß. Ein Pokal wird nach dem schlappen Spiel nicht vergeben. Und wenn dann die Plenartagung am Montag losgeht, ist alles gelaufen. Wer dann nochmal alles nachdruckt, hat entweder soviel Platz wie das Handelsblatt oder glaubt schlicht alles, was man erzählt.