FDPler vor „mittelalterlichen“ Zuständen

■ Auf Reise in Südafrika: Die FDP–Politiker Gerhardt Baum und Burkhard Hirsch kritisieren zwar die Verhältnisse im Apartheid–Staat, halten sich aber in Fragen der Sanktionen bedeckt / Liberale stellen Einreisebeschränkungen für südafrikanische Geschäftsleute zur Diskussion

Aus Johannesburg Hans Brandt

Die Krönung jeder Politikerreise nach Südafrika ist der Besuch bei der ersten Dame des Landes, Winnie Mandela. Das gilt aber nicht nur für Politiker. Als die FDP– Bundestagsabgeordneten Gerhardt Baum und Burkhard Hirsch, die sich seit einer Woche auf einer Informationsreise in Südafrika befinden, am Montag zu einer Soweto–Rundfahrt mit Winnie Mandela aufbrechen wollten, kam zufällig ein Luxusbus voller deutscher Touristen vorbei. Kaum hatten sie Frau Mandela entdeckt, stürzten sie sich entzückt aus dem Bus, um von eifrigen Begleitern mit der berühmten Frau fotografiert zu werden. Anfangs waren sie auch den deutschen Politikern gegenüber freundlich. Als Baum und Hirsch jedoch über die schockierenden Berichte von Folter, Verhaftungen, Todesschwadronen und Pressezensur erzählten, die sie in zahlreichen Gesprächen gehört hatten, waren die Touristen verärgert. Plötzlich war ihr Südafrika–Bild, bestimmt von atemberaubenden Landschaften und luxuriösen Hotels, zerstört. „Die haben wir wohl als Wähler verloren“, bedauerte Baum. Menschenrechtsfragen stehen im Mittelpunkt der Informationsreise der beiden FDP–Politiker. Dabei betonen die Abgeordneten aber auch die innenpolitische Bedeutung ihrer Reise für die „Willensbildung in der Partei, für neue Initiativen auch in der Regierung“. Deprimiert, schockiert und entrüstet reagierten Baum und Hirsch auf zahlreiche Gespräche mit Rechtsanwälten, Kirchen– und Gewerkschaftsvertretern und Führern der Opposition. „Die Polizei hat in diesem Land Möglichkeiten, wie sie selbst in der Sowjetunion unmöglich wären“, sagte Hirsch gestern vor der Presse. „Das ist mittelalterlich und unter gar keinen Umständen zu akzeptieren.“ Deshalb müßte, so Baum, „der internationale Druck auf die südafrikanische Regierung aufrecht erhalten und verstärkt“ werden. Ergänzend sprach Baum von der Möglichkeit positiver Maßnahmen zur „Stärkung derjenigen, die tragfähige Lösungen anstreben“. Wen er damit meinte, wollte Baum nicht sagen. Einzelheiten über die Maßnahmen, die sie der FDP vorschlagen würden, wollten die Besucher nicht bekanntgeben. Auch zur Frage der Sanktionen äußerten sie sich nicht detailliert. Allerdings wollen die FDP–Politiker offenbar als Reaktion auf die von der südafrikanischen Regierung gegen verschiedene Oppositionsvertreter verhängten Ausreiseverbote die Einreise von anderen Südafrikanern in die Bundesrepublik erschweren. „Ich sehe nicht ein, daß Leute mit internationaler Reputation ohne Paß sind, während südafrikanische Geschäftsleute munter in Frankfurt aus der Maschine steigen“, sagte Baum. Baum und Hirsch betonten, daß „Südafrika zunehmend ein innenpolitisches Thema und ein Thema in der Koalition“ ist. „Herr Strauß steht Botha näher als wir oder als Herr Blüm und Herr Geißler“, sagte Baum. „Man kann Herrn Blüm nur dringend empfehlen, dieses Land zu besuchen“, fügte Hirsch hinzu. Baum verdeutlichte gegenüber der taz, daß der FDP– Besuch, der schon im März dieses Jahres geplant worden war, nicht als Konkurrenz zu Blüms Beschäftigung mit Menschenrechtsfragen gesehen werden sollte. „Wir brauchen jede Hilfe in dieser Sache“, sagte er. Die Besucher führten auch Gespräche mit in Südafrika engagierten deutschen Geschäftsleuten, darunter der Manager von Volkswagen in Südafrika, Peter Searl, und der Mercedes–Direktor Sepp van Hüllen. Über den laufenden Streik im südafrikanischen Mercedes–Werk wollten sie sich nicht äußern. Statt dessen hoben sie die Bemühungen bei Volkswagen hervor, Ausbildungsmöglichkeiten für Schwarze zur Verfügung zu stellen. Es kam allerdings auch Kritik an den deutschen Firmen in Südafrika nach: „Einer unserer Gesprächspartner sagte, daß er nie vergessen wird, daß die Kamera, mit der seine Zelle während seiner Inhaftierung überwacht wurde, den Schriftzug Siemens trug“, sagte Baum der Presse. Deutschen Unternehmern schlug er vor, auch Menschenrechtsorganisationen zu unterstützen. Zur Lösung von Südafrikas Problemen müßte „ein Prozeß des Gesprächs zustandekommen“, sagte Baum. Es sei jedoch nicht seine Aufgabe, „Vorschriften für die Verfassung zu machen“, obwohl letztendlich wohl ein Wahlsystem nach dem Prinzip „Ein Mensch eine Stimme“ entstehen sollte. Hirsch schlug vor, als ersten Schritt zur Schaffung der Gesprächsbereitschaft im Lande für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen zu sorgen. Baum und Hirsch befinden sich heute in Namibia und reisen am Donnerstag weiter in die Hauptstadt von Sambia, Lusaka, wo sie ANC–Präsident Oliver Tambo treffen werden. Zuletzt fahren sie nach Launda, die Hauptstadt Angolas, wo Gespräche mit Führern der namibischen Befreiungsbewegungn SWAPO und dem angolanisichen Präsidenten Eduardo dos Santos vorgesehen sind.