Noch kein Barschel–Ersatz in Sicht

■ Schleswig–Holsteins CDU sucht immer noch einen Kandidaten / Er soll „in erheblich mehr als drei Wahlgängen“ im Parlament präsentiert werden / SPD/FDP–Annäherung nicht ernst zu nehmen

Kiel (dpa/taz) - Für die zweite Oktoberhälfte zeichnet sich eine Kampfabstimmung im schleswig– holsteinischen Landesparlament um das Ministerpräsidentenamt zwischen einem bisher noch nicht nominierten CDU–Kandidaten und Oppositionsführer Björn Engholm (SPD) ab. CDU–Fraktionschef Kribben sagte in einem NDR–Interview, daß die CDU ihren Kandidaten erstmals in der Woche vom 19. bis 25. Oktober und unter Umständen in erheblich mehr als drei Wahlgängen im Landtag präsentieren werde. Er könne sich vorstellen, daß der Abgeordnete des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), Karl Otto Meyer, der die Wahl eines CDU–Kandidaten bisher strikt ablehnt, die Lage täglich neu bewerten werde. Falls es für einen neuen Ministerpräsidenten keine Mehrheit gebe, könne die geschäftsführende Regierung theoretisch eine ganze Legislaturperiode überstehen, sagte Kribben. Neuwahlen seien für ihn die „letzte Möglichkeit“. Am abend zuvor trafen sich auch erstmals SPD und FDP zu Gesprächen. Das Treffen sei formal notwendig gewesen, sagte der Kieler SPD– Pressesprecher Klaus Nilius, der Termin am Montag sei zufällig nach einigen Absagen zustande gekommen, man habe Situtationsbeschreibungen ausgetauscht. Die FDP ist nicht viel gesprächiger: „Regularien“ zur Wahl des Landtagspräsidenten und zur Geschäftsordnung des Barschel/ Pfeiffer–Untersuchungsausschusses habe man besprochen. An eine echte Annäherung zwischen SPD und FDP glaubt in Kiel gegenwärtig niemand. Das sei der FDP von ihrer Bundespartei strikt verboten worden, heißt es; unter anderem deswegen , weil bei einer sozialliberalen Regierung in Kiel die CDU in Bonn für eine Bundesratsmehrheit auf Bayern angewiesen sein würde. Die Spekulationen um den neuen Ministerpräsidenten–Kandidaten der CDU halten an. Der Landesvorstand, den Stoltenberg wieder fest in der Hand hat, hat den Fraktionsvorsitzenden Klaus Kribben zum Chef der Koalitionskommission gemacht. Daß damit Barschels Stellvertreter, der seit 18 Jahren dem Kabinett angehörende jetzige Stoltenberg–Intimus Henning Schwarz als neuer MP– Kandidat feststeht, hält man für unwahrscheinlich. In vertraulicher Runde hat Schwarz am Montag eingeräumt, daß er sich zur Not bereit halte, daß es aber andere und besser geeignete Kandidaten gebe. Der ebenfalls als Barschel– Nachfolger gehandelte Landesbankchef Gerd Lausen war ab 1970 drei Jahre Vorsitzender der CDU–Landtagsfraktion. Ihm wird wenig Interesse am Wiedereinstieg in die Politik nachgesagt, er wird aber von der SPD als kluger Wahlkämpfer gefürchtet. Justizminister Heiko Hoffmann, der dritte mögliche Bewerber, zeichnet sich durch freundliche Umgangsformen und nationalistische Reden aus; wegen dieser Reden hat er keine Chance, von K.O. Meyer toleriert zu werden. Bleibt als vierter im Rennen Kribben. Der 49jährige Geschäftsführer eines regionalen Unternehmerverbandes hat als größten Vorteil, daß man ihn noch kaum kennt. Nur: Er ist katholisch. Und das war in Schleswig–Holstein noch immer eine Karrierehürde. Jörg Feldner