McDonalds konnte in Moskau landen

■ Die Perestroika ist nun auch bei den Essensgewohnheiten eingeleitet / Zuständige Bürokraten mußten ausgewechselt werden, weil sie nicht schnell genug den „Fast–Food–Gedanken“ angenommen hatten

Aus Moskau Alice Meyer

Noch vor kurzem hielten es alle für unwahrscheinlich, jetzt ist es Wirklichkeit geworden: McDonalds ist im „staatlichen Komplexprogramm zur Rekonstruktion des historischen Zentrums der Stadt Moskau“ dabei. Die Hauptverwaltung für öffentliche Verpflegung beim Moskauer Stadt– Exekutivkomitee (Moskorispolkom) schloß jetzt mit McDonalds ein Abkommen über den Erwerb von amerikanischem Know–how bei der Errichtung und dem Betrieb von Schnellrestaurants in der sowjetischen Hauptstadt. Weiter wurde ein Protokoll unterzeichnet, das die Gründung von zwei Gemeinschaftsunternehmen (Joint–Ventures) der US–Fast–Food– Kette mit sowjetischen Partnerorganisationen für ein Restaurant und ein Cafe im Moskauer Altstadtviertel Arbat vorsieht. In beiden Lokalitäten soll die Zeitspanne höchstens drei Minuten zwischen Abgabe der Bestellung und dem Erhalt von Speis und Trank betragen. Für McDonalds selbstverständlicher Zeitrahmen der eigenen Schnellbedienungs– Philosophie, für die Verhältnisse der Moskauer Gastronomie ein wahrhaft revolutioäres Limit. Für Russen hat die Sache aber einen Haken: Die beiden gemischtnationalen Betriebe sollen nur in ausländischer Währung, auf gut russisch in „Waljuta“, Kasse machen. Anscheinend gelten als Haupt–Zielgruppe immer noch Touristen, die im Rahmen von Pauschal–Reisearrangements die Sowjet–Metropole besuchen. Die Vertragsabschlüsse von McDonalds belegen, daß Moskau seine bislang kritische Eintellung zu den Schnellrestaurants westlichen Typs grundstäzlich revidiert hat. Zehn Jahre lang hatten die Emissäre der amerikanischen Firma vergeblich versucht, mit der Sowjetunion ins Geschäft zu kommen. Nun haben sich beide Seiten doch noch geeinigt. Das war auf sowjetischer Seite jedoch nicht ohne personelle Veränderungen abgegangen. Der Star–Kolumnist für Wirtschaftsfragen der Zeitung Iswe stija, W.Tolstow, teilte denn auch in einem Kommentar zu dem Deal mit, daß vor Vertragsaushandlung fast das gesamte Management der Moskauer Hauptverwaltung für öffentliche Verpflegung (Obschtschepit) ausgewechselt wurde. Die alten Beamten boten offenbar keine Gewähr dafür, jederzeit für die Perestroika und den Fast–Food–Gedanken einzutreten. Mit den US–Boys sollten ideologisch unbelastete und unvoreingenommene Leute verhandeln. Auch andere US–amerikanische Schnellrestaurant–Ketten, die zusammen mit McDonalds in Westeuropa und in Fernost die Konsumgewohnheiten ganzer Bevölkerungsschichten beeinflußt haben, dürften ihren Aktionsradius demnächst auf die Sowjetunion ausweiten. Wie die Pepsico Inc. mitteilte, laufen derzeit mit Moskau Verhandlungen über die Eröffnung von 100 Restaurants der konzerneigenen Pizza–Kette „Pizza Hut“. Im Gespräch ist die Führung aller 100 Gaststätten als amerikanisch–sowjetischer Joint– Venture. Pepsi verfügt über einschlägige Erfahrungen im UdSSR–Geschäft: 1973 schloß der Konzern als erster westlicher Getränkeproduzent einen Lizenzvertrag mit Moskau ab, auf dessen Grundlage „Pepsi–Cola“ in 16 Getränkefabriken der UdSSR hergestellt und abgefüllt wird. McDonalds hat aber auch schon sowjetische Nachahmer. Wie Tolstow zu berichten weiß, wurde im „Bauman–Rayon“ der Hauptstadt ein Cafe eröffnet, das „selbtändig Schnellbedienungsmethoden, ähnlich der Technologie von McDonalds“ zur kommerziellen Anwendungsreife gebaut hat. Überhaupt wird das Netz genossenschaftlicher und privater Restaurants in Moskau schnell dichter. Sprecher der Hauptverwaltung für öffentliche Verpflegung „Glawmosobschtschepit“ teilten kürzlich gegenüber der Presse mit, daß die Zahl solcher Kleinunternehmen bis Ende 1987 auf „etwa fünfzig“ anwachsen werde. Jedoch: „Nicht alle Kooperativen zeigten sich der gewählten Aufgabe gewachsen. Es gibt bereits einige Bankrotte.“