Ilusionen über Einfluß

■ Interview mit Mike Roselle, Vertreter der US–Umweltorganisation „Rainforest Action Network“, zur Praxis der „etablierten“ Umweltbewegungen

taz:Ihr macht hier spektakuläre Aktionen in der Öffentlichkeit, um auf fatale ökologische Folgen der Weltbankprojekte hinzuweisen. Was sagt ihr denn zu der Vielzahl großer US–Umweltschutzgruppen, die lieber im Stillen Parlamentsabgeordnete für eine bessere Politik bearbeiten? Mike Roselle: Es ist vollkommen unangebracht, sich darüber mit der Weltbank an einem Tisch zu unterhalten. Sie reagiert nur auf externen Druck. Letztes Jahr demonstrierten wir hier, wurden natürlich nicht als offizielle Gäste zugelassen, hatten aber im Ergebnis eine Menge kritischer Presse über die Weltbank. Sie wollen uns spalten. Die einen versuchen sie zu beruhigen, indem sie ihnen den Eindruck vermitteln, sie hätten ein wenig Einfluß. Die anderen, sie sich nicht für magere Kompromisse mit ihnen zusammensetzen, wollen sie isolieren. Es wird doch so viel gesprochen über ein gewachsenes Bewußtsein in der Weltbank. Das Bewußtsein ist dafür gewachsen, wie man die Weltbank besser als umweltbewußt verkauft. Dieselben Statements wie heute gab es schon 1970, seither haben sich die Projekte vervielfacht, die den Regenwald mitsamt seinen Bewohnern zerstören. Nach unserer Demonstration im letzten Jahr hieß es in der Weltbank–Zeitung, das Ganze sei ein Public–Relations–Problem. Wenn nur die Öffentlichkeit verstünde, was die Bank macht, wird sie sie schon unterstützen. Wir sagen: Wenn die Öffentlichkeit versteht, was die Weltbank tatsächlich treibt, wird sie die Unterstützung im Gegenteil einstellen. Wie soll denn der Druck aussehen? Zur Demonstration im vergangenen Jahr kamen gerade 350 Leute. Das stimmt. Entscheidend war aber, daß die Führung jeder größeren Umweltorganisation dabei war. Das war wichtiger als die Zahl der Leute. Es ist hier ein völlig anderes Klima als etwa in Berlin. Wir haben uns zu lange auf der Warmhalteplatte hinhalten lassen, jetzt müssen wir richtig Feuer unterm Topf machen. Was ist eigentlich mit den anderen Dritte–Welt–Solidaritätsgruppen? Umweltgruppen in Sachen Zentralamerika haben jetzt auch eine Kampagne gestartet; der International Indian Treaty Council, der über ein großes Solidaritäts–Netzwerk auch in nicht–indianischen Bevölkerungskreisen verfügt, hat seinen Druck auf die Weltbank verstärkt. Ich habe den Eindruck, auch die Friedensbewegung beginnt, sich da einzuschalten. Unsere Kampagnen laufen ja erst seit zweieinhalb Jahren. Wir hatten einen sehr langsamen Start, aber jetzt muß es losgehen. Ihr konzentriert Euch auf die Weltbank. Ist der IWF denn unwichtig? Anhand der Weltbankprojekte können wir den Leuten mehr klarmachen. Das wird dann aber auch auf mehr Druck gegenüber dem IWF hinauslaufen. Man braucht erst mal sichtbare Projekte. Das Thema darf nicht zu komplitziert sein, wenn die Leute anfangen, sich damit zu beschäftigen. Es gilt, den US– Steuerzahlern zu verdeutlichen, daß sie die Umweltzerstörung mitfinanzieren. Interview: Ulli Kulke