Nachtfrost in der Oberpfalz

■ Polizei will WAA–Widerstand für die RAF rekrutieren

Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Im Vorfeld der heute beginnenden Aktionstage gegen die WAA heizen Stellungnahmen der Polizeiführung und Hausdurchsuchungen das Klima zusehends auf. Bereits am Montag hatte der Präsident des bayerischen Landeskriminalamtes Helmut T. auf einer Pressekonferenz in Schwandorf Verbindungslinien zwischen WAA–Widerstand und Roter Armee Fraktion (RAF) gezogen. Am Dienstag durchsuchte dann die Polizei drei Häuser im Raum Schwandorf mit der Begründung, dort würden sich „gewaltbereite und terroristische Personen“ aufhalten. Einen Tag vor Start der Aktionstage hatte ein großes Polizeiaufgebot die beiden Koordinationsbüros, das Info–Büro in Altenschwand und das Anti–WAA– Büro in Schwandorf, durchsucht und Adressenlisten, Informationsmaterial und Zeitschriften beschlagnahmt. Dieses Mal betraf es zwei von WAA–Gegnern bewohnte Anwesen in Taxöldern, ein Haus in Stulln sowie erneut das Info–Büro in Altenschwand. Dort beschlagnahmte die Polizei, die ohne Durchsuchungsbeschluß nach Polizeiaufgabengesetz operierte, die Telefonanlage, Notizzettel und von den WAA–Gegnern im Wald aufgesammelte leere CS– Gaswurfkörper. In einer Pressemitteilung sprach Polizeikommissar S. im Anschluß daran von sichergestellten Gasgranaten, Stahlkugeln und Cannabispflanzen. Die BI Schwandorf zeigte sich über das Polizeivorgehen „empört“, mit dem „willkürlich Personen zu Kriminellen abgestempelt“ würden und das von dem Motto „Der Gewalt keine Chance“ flankiert wird. „Gewalt wird förmlich herbeigeredet“, beschreibt Hubert W., Vorsitzender des Bundes Umwelt– und Naturschutz in Deutschland (BUND), die Kampagne der Sicherheitsbehörden, die in der Aussage des LKA–Präsidenten T. gipfelte, wonach Unterstützer des militanten Widerstands „terroristischen Zielsetzungen“ dienten. Die Gleichsetzung von RAF und WAA–Widerstand stößt in der Oberpfalz auf scharfe Kritik. Hubert W. nannte sie „infam“, der Schwandorfer Landrat Hans S., ein entschiedener Gegner der Wiederaufbereitungsanlage, sprach von „einem Trick hinterfotzigster und gemeinster Art“, mit dem der friedliche Widerstand verleumdet werden soll. Durch „das Herbeireden von einer Handlungsfähigkeit der RAF und durch Erinnerungen an den deutschen Herbst vor zehn Jahren“ sollen nach Ansicht von Wolfgang D., grüner Bundestagsabgeordneter aus Regensburg, „potentielle Kundgebungsteilnehmer von ihrem Demonstrationsrecht abgehalten werden“. Derweil haben laut Polizeipräsident Wilhelm F. in der Oberpfalz insgesamt 5.000 Beamte der Bereitschaftspolizei und des Bundesgrenzschutzes Stellung bezogen. Ganz entschieden hat die WAA–Betreiberfirma DWK (Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen) darauf hingewiesen, daß der WAA–Baubetrieb während der Aktionstage aufrechterhalten wird. tazintern