Ganz rechts am Horizont

■ Präsident R.s Niederlage im Senat

Washington (ap/taz) - Der nord–amerikanische Präsident Ronald R. hat am Dienstag eine innenpolitische Niederlage hinnehmen müssen, die in den USA Aufsehen erregte. Der Justizausschuß des Senats lehnte es mit neun gegen fünf Stimmen ab, die Nominierung des Juristen Robert Bork zum Richter am Obersten Gerichtshof dem Senatsplenum zur Bestätigung zu empfehlen. Im Senat haben die oppositionellen Demokraten die Mehrheit. Zur Bestätigung von R.s Wunschkandidaten, der als rechtsextrem gilt, genügt die einfache Mehrheit. Drei Wochen lang hatten die Senatoren im Justizausschuß Bork unter die Lupe genommen, wobei es vor allem um dessen Haltung in der Frage der Abtreibung, zu Bürgerrechten und der Stellung der Frau ging. Bork gilt als Gegner der Abtreibung. Der Ausschußvorsitzende Senator Joseph Biden sagte, es sei unwahrscheinlich, daß R.s Kandidat durchkomme. Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte, die Angelegenheit sei noch nicht ausgestanden, die Regierungsseite aber in Schwierigkeiten. Einige Demokraten forderten R. auf, einen neuen Kandidaten zu suchen. Noch vor der Abstimmung hatte der Präsident gesagt, er denke nicht an Aufgabe. Es gebe kein Zurück. Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin F., kündigte nach der Abstimmung an, R. halte an seinem Kandidaten fest. Die Abstimmung im Plenum des Senats wird in etwa zwei Wochen stattfinden - es sei denn, R. zöge seinen Vorschlag doch noch zurück. Damit ist ein politischer Kon flikt entschieden, der amerikanische Politiker und Medien seit Wochen beschäftigt hat. Robert Bork, der R.s Traumkandidat ist, wäre als entscheidende fünfte Stimme in den neunköpfigen Supreme Court eingezogen und hätte dort bis ins nächste Jahrtausend für rechtsextreme Urteile gesorgt. Bork vertritt die Auffassung, daß viele individuelle Rechte, die US–BürgerInnen heute genießen, ihnen von der Verfassung eigentlich nicht zugestanden werden. Dies hatte zu einer heftigen Öffentlichkeitskampagne gegen ihn geführt. Am Montag hatten zwei weitere, zuvor unentschiedene Mitglieder des Justizausschusses sich gegen Bork ausgesprochen. Mit den konservativen demokratischen Senatoren Byrd (West Virginia) und de Concini (Arizona) war die Zahl der erklärten Bork– Gegner im 14köpfigen Justizausschuß auf acht angewachsen. Auch im Gesamt–Senat findet sich nach letzten Zählungen keine Mehrheit für R.s Kandidaten mehr: Die Demokratische Partei hat nach eigenen Angaben 52 Nein–Stimmen sicher und hofft gar auf 56. Doch das „Weiße“ Haus wollte die Niederlage bis zuletzt nicht eingestehen, und den Kandidaten nicht zurückzuziehen. Statt dessen sollten die Bork– Gegner im Senat - darunter bisher vier Mitglieder der Republikanischen Partei - gezwungen werden, ihre Haltung offen zu erklären. Eine Woche lang hatte Bork im September dem Justizausschuß Rede und Antwort gestanden und dem nationalen Fernsehpublikum eine Vorstellung seiner Weltsicht vermittelt. Er äußerte konservative politische Ansichten und gab als seine Grundüberzeugung an, Richter hätten die Verfassung „entsprechend den Absichten der Gründerväter der Vereinigten Staaten“ zu interpretieren, außerdem hinterließ er das Bild eines in abstrakten juristischen Theorien denkenden Akademikers. Bei den Senatoren, die über seine Nominierung entscheiden müssen, erweckte dies zum Teil den Verdacht, einen den sozialen Problemen der US–Gesellschaft entrückten Intellektuellen vor sich zu haben. Der Republikaner Arlen Specter etwa begründete seine Ablehnung Borks mit den Worten, er könne das „Risiko“ für die Freiheitsrechte der BürgerInnen nicht tragen, das ein Oberster Richter Bork mit sich bringe, auch wenn er ihn für einen außerordentlich versierten Juristen halte. Mehrere demokratische Senatoren aus den Südstaaten fürchteten, eine Bestätigung Borks könnte das falsche Signal in ihre Heimatregion schicken, in der die Wunden des Rassismus fast schon vernarbt sind. In vielen Stellungnahmen wurde darüber hinaus deutlich, daß die heftige Debatte um Bork bereits gezeigt habe, daß er einfach ein zu kontroverser Kandidat für einen derart entscheidenden Posten sei. Stefan Schaaf