Der Charme der Waren: Reformpläne in Polen

Ebenso wie in anderen Ostblockstaaten - in der Sowjetunion, in Ungarn, in Bulgarien - schmieden auch die polnischen Kommunisten ökonomische Reformpläne. Das Zentralkomitee der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei entscheidet heute, was für ein Programm es für die am kommenden Samstag geplante Parlamentssitzung vorschlagen will. Es scheint sicher zu sein, daß das ZK vor allem das Tempo des Abbaus von Subventionen bestimmen wird. Gleichzeitig wird damit natürlich auch das Tempo der Preiserhöhungen fixiert: Mehr als 50 Prozent sind beruhigenderweise zu erwarten. Auch die zentrale Wirtschaftslenkung wird Einbußen hinnehmen müssen: Anstatt der von Stalin ererbten zentralistischen Strukturen werden „neue Formen des gesellschaftlichen Eigentums“ dringend gesucht. Auch die „Privat–Initiative“ soll gefördert werden. Die Verfassung soll in den Bereichen von Dienstleistungen, Handwerk und Kleinindustrie das Privateigentum garantieren. Es ist amüsant zu sehen, wie anziehend Markt und Ware in den Augen von Ökonomen der Ostblockstaaten geworden sind: Noch für Marx waren die Waren universale Huren und der Markt ihr Kuppler. Inzwischen aber haben die Nachfolger von Marx eingesehen, daß es mit Huren doch immer noch erträglicher ist als ganz ohne Frauen. Jetzt versuchen sie, um ihr Gewissen zur salvieren, die Ehre der Huren wiederherzustellen. Istvan Eörsi/Heidi Pataki