Neue Opfer im „Schmutzigen Krieg“

■ Kolumbianischer Oppositionspolitiker Jaime Pardo Leal von Todesschwadronen ermordet / Bei Protestdemonstrationen in Bogota fünf Tote

Aus Bogota Werner Hörtner

Am Sonntag wurde der Präsidentschaftskandidat bei den Wahlen von 1986 und Vorsitzende der Oppositionspartei „Patriotische Union“ (UP), Jaime Pardo Leal, von „unbekannten Tätern“ ermordet. Der 48jährige Richter befand sich auf der Heimfahrt von einem Wochenendaufenthalt auf seinem Landhaus, als er 80 km westlich von Bogota in einen Hinterhalt geriet und in seinem Auto beschossen wurde. Leal starb kurz nach der Einlieferung in ein Krankenhaus an den Schußverletzungen. Jaime Pardo Leal war der Präsident der Linksoppositionellen „Union Patriotica“, einer auf Initiative der größten Guerillabewegung Kolumbiens FARC und der kommunistischen Partei 1985 gegründeten politischen Bewegung. Diese legale Partei war sichtbarstes Ergebnis des Friedensprozesses unter dem früheren Präsidenten Elisario Betancur, der durch Waffenstillstandsabkommen mit den größten aufständischen Bewegungen das am Rande des Bürgerkriegs stehende Land zur nationalen Versöhnung führen wollte. Zwei der Guerillaorganisationen, die linkspopulistische M–19 und die marxistisch–leninistische EPL, waren aufgrund der Provokationen der Streitkräfte 1985 aus den Regierungsabkommen ausgetreten und hatten den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen. Seit ihrer Gründung im März 1985 hat die „Patriotische Union“ circa 500 Aktivisten durch Mordanschläge von Todesschwadronen verloren, darunter vier ihrer 14 Abgeordneten in Kongreß und Senat. Die Ermordung Leals markiert den vorläufigen Höhepunkt der Liquidierung der politischen Opposition. In Kolumbien operieren circa 40 Todesschwadronen. Untersuchungen internationaler Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international und Americas Watch, aber auch des Generalstaatsanwaltes unter Präsident Betancur, Carlos Jimenez Gomez, haben die direkte Verwicklung der Streitkräfte in die Aktivitäten der Todesschwadronen aufgezeigt, doch ist bisher noch kein einziger Angehöriger dieser paramilitärischen Gruppen gerichtlich verurteilt worden. Präsident Barco von der Liberalen Partei, seit August 1986 im Amt, hat bisher noch keine Maßnahmen ergriffen, um dem „Schmutzigen Krieg“ ein Ende zu setzen. Die Ermordung Leals hat in der kolumbianischen Öffentlichkeit Bestürzung und Empörung ausgelöst. In Bogota kam es zu spontanen Kundgebungen, in deren Verlauf zwei Polizisten und drei Demonstranten ums Leben kamen. Die Armee hat in der Umgebung des Regierungspalastes und in den Armenviertel Wachposten bezogen.