Iranische Rakete traf Schule in Bagdad

■ Unter den Toten sind mindestens 32 Schüler / 218 zum Teil lebensgefährlich Verletzte / Irak droht mit Vergeltungsschlägen / Washington Post: Pentagon will seine Version über Zwischenfall mit dem Iran abändern / Befehlshaber der US–Flotte will mehr Kompetenzen

Bagdad/Manama (afp/ap/taz) - Nach dem verheerenden iranischen Raketenangriff auf eine Schule in der irakischen Hauptstadt Bagdad müssen jetzt auch die Bewohner iranischer Städte mit einer neuen Periode der Angst und Unsicherheit rechnen. Wenn Teheran den Städtekrieg wolle, werde es ihn bekommen, hieß es am Dienstag in einem Kommunique des irakischen Generalstabs. Der Irak habe nun das Recht und die Pflicht, zurückzuschlagen. Die Stunde der Vergeltung sei ge kommen. Der Generalstab in Bagdad erinnerte zugleich an seine Drohung, „mit Angriffen, bei denen mehrmals täglich Hunderte von Flugzeugen aufsteigen können, um ganze iranische Städte zu zerstören“. Daß dies keine leeren Drohungen sind, beweisen vergangene Runden des „Städtekrieges“ nur zu deutlich. Der irakische Generstab reagierte mit seinem Kommunique auf einen iranischen Raketenangriff auf Bagdad, bei dem mindestens 32 Menschen, 31 Schüler und eine Lehrerin, getötet und 218 weitere verletzt wurden. 98 der Opfer schwebten am Dienstag Mittag noch in Lebensgefahr. Wie Radio Bagdad berichtete, wurden bei der Explosion einer Boden–Boden–Rakete eine Schule, ein Jugendzentrum und 16 Wohnhäuser beschädigt. Augenzeugen berichteten, die Rakete sei in unmittelbarer Nähe der Schule eingeschlagen, als sich die Schüler kurz vor Beginn des Unterrichts auf dem Schulhof aufhielten. Trümmer und Glassplitter seien durch die Luft gewirbelt und hätten zahlreiche Menschen verletzt. Sekunden später sei das Schulgebäude, dessen Fundamente offenbar von der Explosion erschüttert worden waren, wie ein Kartenhaus zusammengestürzt. Krankenwagen transportierten stundenlang Verletzte vom Ort des Geschehens ab. Der Iran bestätigte nach einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA den Abschuß einer Boden–Boden–Rakete, die gegen das irakische Verteidigungsministerium gerichtet gewesen sei. Während nun mit massiven Luftangriffen der überlegenen irakischen Luftwaffe auf iranische Städte zu rechnen ist, gibt es auch Neues von der „zweiten Front“ am Persisch–Arabischen Golf. Wenn man der Zeitung Washington Post Glauben schenkt, ist das US–Verteidigungsministerium derzeit dabei, seine Version des Zwischenfalls vom letzten Donnerstag zurechtzurücken. Ursprünglich hatte es geheißen, iranische Schnellboote hätten zuerst auf einen US–Hubschrauber geschossen, der dann in einem Akt der Verteidigung weitere Helikopter zu Hilfe geholt und das Feuer erwidert habe. Dabei waren mehrere Iraner getötet und eines der Schiffe versenkt worden. Diese Darstellung soll nun laut dem Bericht dahingehend korrigiert werden, daß zwei amerikanische Hubschrauber offenbar ohne Vorwarnung das Feuer auf die Schnellboote eröffneten. Damit wandelt sich der „Akt der Verteidigung“ unversehens in einen provokativen Angriff. Dies alles scheint dem Befehlshaber der im Golf stationierten US–Flotte, Vize–Admiral Harold Bernsen, noch nicht zu genügen. Ebenfalls Washington Post zufolge hat er um die Ermächtigung gebeten, im Falle eines iranischen Angriffs auf einen Tanker welcher Nationalität auch immer diesem zu Hilfe eilen zu können, wenn die Besatzung darum bittet. Die Frage werde mit größter Sorgfalt geprüft, heißt es unter Berufung auf westliche Quellen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Bislang hat die US–Flotte nicht auf Angriffe auf Schiffe außerhalb ihrer Geleitzüge für elf kuwaitische Tanker reagiert. bs