Viele Gerüchte, wenig Substanz

■ Kaum gesicherte Erkenntnisse im Todefall Barschel / Eine verschwundene Flasche Rotwein schürt neuen Mordspekulationen / Neue Stern–Ausgabe beschreibt den bislang unbekannten angeblichen Informanten

Aus Genf Frank Matter

Der Tod von Uwe Barschel gibt in Genf Anlaß zu einigen Spekulationen. Daß Barschel durch „natürliche Umstände“ ums Leben gekommen sein soll, will dort kaum noch jemand glauben. Erhärtet wird der Mordverdacht, den Bruder, Ehefrau und Mutter des Toten geäußert haben, durch Berichte der Genfer Zeitung La Suisse vom Mittwoch. Das Blatt will aus einer „sicheren Quelle“ erfahren haben, daß Barschel am Samstag abend durch den „Room Service“ des Hotels „Beau Rivage“ eine Flasche Beaujolais bestellt habe, die am Sonntag nicht mehr aufzufinden gewesen sei. Die Genfer Polizei suche aber nicht nur nach dieser Flasche, sondern auch nach verschwundenen Dokumenten, schreibt La Suisse. Unklar ist, ob es sich dabei um Dokumente handelt, die Barschel von einem Informanten zu seiner Entlastung erhalten haben könnte. Offiziell gehen die Ermittler immer noch von der Annahme aus, Barschel sei an einem Herzversagen gestorben. Denn die Resultate der chemischen und toxikologischen Untersuchungen, die einen Mordverdacht bestätigen könnten, liegen noch nicht vor. Falls diese Untersuchungen nichts Neues an den Tag bringen sollten, will die Familie Barschel eine erneute Autopsie verlangen: „Ich werde mich an einen Berner Spe zialisten wenden“, kündigte Barschels Bruder Eike gegenüber Journalisten an. Ins Zwielicht sind in Genf auch die Reporter vom „Stern“ geraten. So hieß es gestern, die beiden Journalisten hätten sich „längere Zeit“ in Barschels Zimmer aufgehalten. Nur einer der beiden sei dann zur Hotelrezeption gegangen, um den Leichenfund mitzuteilen. Dementgegen heißt es in der heutigen Ausgabe des Stern, der Reporter Sebastian Knauer habe den Hoteldirektor „unverzüglich nach der Entdeckung“ informiert. Der vermutete Informant, mit dem Barschel sich direkt nach seiner Ankunft auf dem Genfer Flughafen am Samstagnachmittag nach 15 Uhr getroffen hat, wird beschrieben als „ein fast 1,80 Meter großer Mann, dunkelblond und glattrasiert, bekleidet mit Jeans, blauem Pullover und Popelinejacke“. Nach wie vor ist in Genf ungeklärt, wer jener „Robert Roloff“ gewesen sein könnte. Barschel soll laut Stern nach einem halbstündigen Gespräch mit diesem Mann direkt ins Hotel „Beau Rivage“ gefahren sein und es bis zu seinem Tod auch nicht mehr verlassen haben. Beweise für diese Behauptung liefert der Stern keine.