Weimar darf NUKEM nicht schließen

■ Der hessische Umweltminister wurde von Bonn zurückgepfiffen und muß seine NUKEM–Stillegungsabsichten nach einem Gespräch in Bonn aufgeben / Erste Teilerrichtungsgenehmigung für ALKEM (neu) verabschiedet

Von Klaus–Peter Klingelschmitt

Wiesbaden(taz) - Mit seiner Absicht, die Hanauer Brennelementefabrik NUKEM stillzulegen, um so eine Klage der Atomfirma vor dem Verwaltungsgericht zu provozieren, ist der hessische Umweltminister Karlheinz Weimar (CDU) in Bonn auf Grund gelaufen. Wie Weimar gestern auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden bekanntgab, hätten behördeninterne Diskussionen zu dem Schluß geführt, daß der bisher in Erwägung gezogene Weg nicht gangbar sei. Den behördeninternen Diskussionen gingen allerdings Konsultationen des hessischen Umweltministers mit Bundesumweltminister Töpfer und Bundesjustizminister Engelhardt voraus, die beide - so Weimar - „von der Rechtmäßigkeit der Anlage NUKEM (alt)“ ausgegangen seien. Die Bemühungen, mit einer Stillegungsverfügung eine verwaltungsgerichtliche Klärung der Rechtssituation der umstrittenen Brennelementefabrik NUKEM herbeiführen zu wollen, um einen weiteren Hanauer Strafprozeß umgehen zu können, seien deshalb eingestellt worden. Da die Brennelementefabrik NUKEM (alt) nach Auffassung der Hanauer Staatsanwaltschaft illegal arbeitet, wird es jetzt in Hanau - nach dem ALKEM–Prozeß - einen weiteren Strafprozeß in Sachen NUKEM geben, bei dem voraussichtlich der frühere hessische Wirtschaftsminister Steger (SPD) eine Schlüsselrolle spielen wird. Wie im Falle ALKEM geht es auch bei NUKEM um diverse Vorabgenehmigungen, die von Steger gezeichnet worden waren. Ob auch Umweltminister Weimar, der erst vor Monatsfrist di verse Umrüstungsmaßnahmen an der NUKEM–Altanlage genehmigt hatte, auf der Hanauer Anklagebank wird Platz nehmen müssen, ist für den Minister selbst noch eine „offene Frage“. In Sachen ALKEM hat Weimar dagegen - nach eigener Auffassung - bessere Karten. Die am vergangenen Freitag erteilte Teilerrichtungsgenehmigung für die Plutoniumfabrik ALKEM (neu) sei ein „Akt des Rechtsfriedens“ gewesen. Explizit wies der Umweltminister darauf hin, daß diese Teilerrichtungsgenehmigung, die den Rohbau eines neuen Fertigungsgebäudes, die Errichtung einer Sicherheitszentrale und die „Nachrüstung des Spaltstofflagers“ umfasse, auch die umstrittenen sechs Vorabgenehmigungen beinhalte, die zur Zeit in Hanau Gegenstand eines Strafgerichtsprozesses sind. Wie Weimar weiter sagte, sei diese erste von insgesamt sechs Teilerrichtungsgenehmigungen mit dem Instrument des Sofortvollzuges ausgestattet worden, um die Firma zur Einhaltung der Fristen für den Baubeginn zu zwingen. Die Grünen im hessischen Landtag warfen inzwischen dem Umweltminister vor, die Illegalität der NUKEM lediglich für „taktische Spielchen“ benutzt zu haben. Joschka Fischer: „Wenn Weimar die Schließung der NUKEM verfügen wollte, weil die Firma illegal produziert, kann er jetzt nicht auf diese Schließung verzichten, nur weil seine Händel mit der Verwaltungsgerichtsschiene nicht aufgegangen sind. Ob die Tatsache, daß Bonn den hessischen Umweltminister abgeblockt hat, „Töpfers Rache für Hungen“ war, so Fischer abschließend, „müsse die Öffentlichkeit beurteilen.“