Kurios für Kohle und Atom

■ SPD und CDU im NRW–Landtag: Bis 1995 weniger Atomstrom zugunsten Kohle / SPD stimmt mehr Atomstrom nach 1995 zu / Bergarbeitergewerkschaft der eigentliche Gewinner / FDP dagegen

Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der Düsseldorfer Landtag hat am Mittwoch mit den Stimmen der SPD und CDU und gegen die FDP in namentlicher Abstimmung das „Überbrückungskonzept“ der Gewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE) zur Überwindung der Kohlekrise „begrüßt“ und seine „Verwirklichung“ gefordert. Der überraschenden Einigung war eine kuriose Debatte vorausgegangen: Die CDU feierte das Konzept als Wiederbelebung des Verbundes von Kohle und Kernenergie, während die SPD die Zustimmung zum IGBE–Konzept als vereinbar mit den eigenen Atomausstiegsbeschlüssen ausgab. SPD–Fraktionschef Friedhelm Farthmann wörtlich: „Es gibt keinen Satz im Überbrückungskonzept, dem wir nicht zustimmen. Wir wollen es voll und ganz und jetzt.“ Gleichzeitig sagte Farthmann, die „SPD will natürlich so schnell wie möglich die Nutzung der Kernenergie beenden“. Bisher hatte die SPD immer nur den ersten Teil des Konzeptes begrüßt, nach dem der Kernenergieanteil bis 1995 schrumpfen soll. Zum zweiten Teil, der für später wieder mehr Atomstrom vorsieht, hatte sie geschwiegen. Die Farthmann–Äußerung, sogleich als Antrag formuliert, hinterließ zu nächst eine sichtlich irritierte CDU–Fraktion, die nun ihrerseits gezwungen war, Farbe zu bekennen und sich nach einer Unterbrechung der Sitzung dem SPD–Antrag anschloß. Damit macht sich die NRW–CDU die IGBE–Forderung nach einer vorübergehenden Reduzierung der Kernenergie zugunsten der Steinkohle zu eigen, gegen die FDP–Wirtschaftsminister Bangemann, die revierfernen CDU–Länder und die Energiewirtschaft Sturm laufen. Grundlage des Beschlusses, darauf wies CDU–Generalsekretär Linssen hin, sei nicht nur der Text des Konzeptes, sondern auch sein Tabellenwerk, das den langfristigen Anstieg des Atomstromanteils in Zahlen faßt. Dem hat nun auch die SPD– Landtagsfraktion zugestimmt, auch wenn Farthmann betonte, daß im Konzepttext solches nicht steht. Hinzu kommt, daß die IGBE über ihre Ziele niemanden im unklaren gelassen hat. In der Kurzfassung des Beschlusses, abgedruckt in ihrer Zeitung Einheit (Nr.15) heißt es wörtlich zur Lösung der Krise: „Dazu muß die Stromerzeugung aus Kernenergie bis 1995 entsprechend zurückgenommen werden. Danach kann sie parallel wieder wachsen.“