Filderkrautbauern machen Dampf

■ Demonstration gegen Ausbau des Stuttgarter Flughafens vor dem Landtag / Bundesverfassungsgericht stoppt Datenveröffentlichung / „Wackersdorf“ im Filderland?

Aus Stuttgart Didi Willier

Die Bevölkerung der Stuttgarter Filder, dem Ort des geplanten Flughafenausbaus, werde verdummt, der Chef der Planfeststellungsbehörde sei ein vernagelter Betonkopf, mit verlogenen Sicherheitsargumenten solle der Ausbau des Flughafens durchgesetzt werden. Das Thema bringt Leben in den Stuttgarter Landtag. Vor der Bannmeile ist Sauerkraut gestapelt, zwei Dutzend Filderbauern sitzen im Plenarsaal des Landtags. Am vergangenen Mittwoch hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dem Stuttgarter Regierungspräsidium als Planfeststellungsbehörde einen ersten Dämpfer versetzt. Die persönlichen Daten von über 200 Filderbauern, die im Anhang des Planfeststellungsbeschlusses veröffentlicht worden waren, müssen eingestampft werden. Bereits am Donnerstag morgen waren circa 150 Bauern mit einer Treckerdemonstration durch die Stuttgarter Innenstadt und vor das Regierungspräsidium gezogen. 82.000 der vom geplanten Flughafenausbau betroffenen Bürger hatten schon im vergangenen Jahr mit Einsprüchen gegen das Projekt protestiert, 8.400 haben inzwischen Klage erhoben. Auch die gestrige Debatte im Stuttgarter Landtag änderte nichts an den parlamentarischen Mehrheiten für den Ausbau. Vorgesehen ist eine Verlängerung der Start– und Landebahnen um 1.380 Meter und die Verlegung der parallelen Autobahn, 200 Hektar Ackerland sollen dem Projekt zum Opfer fallen. Der Widerstand dagegen dauert schon über 20 Jahre. Auf ihrer gestrigen Demonstration wurden die betroffenen Filderbauern jetzt deutlich. Schon Hunderte von Hektar Land seien ihnen entzogen worden. Einer verliert die Hälfte seiner Äcker und sieht seine Existenz bedroht. Er will sein Land „bis zum letzten Blutstropfen“ und, wenn es sein muß, „mit der Mistgabel verteidigen“. Erste deutliche Auswirkungen werden die Ausbaupläne, so meinen die Bauern, schon bei den nächsten Landtagswahlen im März haben. Die Christdemokraten jedenfalls will keiner mehr wählen. Ein Transparent auf der gestrigen Treckerdemonstration geht da noch weiter: „Bulling (Regierungspräsident) Späth und Genossen gehören auf den Mond geschossen“, stand da. Landtagsabgeordnete der baden–württembergischen FDP befürchten jetzt eine weitgehende Radikalisierung der Bevölkerung, mit dem Planfeststellungsbeschluß und der hartnäckigen Haltung der baden–württembergischen Landesregierung werde ein zweites Wackersdorf geschaffen.