I N T E R V I E W „Grenze für Betriebsratsfürsten“

■ Der Ausschluß der Gruppe „Konsequente Gewerkschafter“ aus der IG Metall war nicht rechtens und ist deshalb unwirksam / Zum Urteil des OLG Frankfurt befragte die taz Klaus Richter, Betriebsrat bei Mannesmann in Duisburg und Mitglied der Gruppe

taz: Warum hat das Frankfurter OLG euren Ausschluß aus der IGM für unwirksam erklärt, obwohl ihr mit einer eigenen Liste bei der Betriebsrats Wahl 1984 gegen die IGM–Liste aufgetreten seid? Klaus Richter: Es gab zwei wesentliche Gründe. Der erste ist formaler Natur. Das OLG hat dargelegt, daß die Ausschlüsse aus verschiedenen Gründen gegen die IGM–Satzung verstoßen haben. Zweitens: Der Ausschluß sei nicht wegen der Kandidatur auf einer gegnerischen, sondern auf einer eigenen Liste erfolgt, die nur Kritik an bestimmten Repräsentanten und Methoden geäußert habe. Wörtlich heißt es in der Begründung: Aus den vorgelegten Unterlagen „läßt sich keine Gegenerschaft gegen die Beklagte ableiten, sondern ganz offensichtlich nur ein gewisses Mißtrauen gegen Herrn Stommel (BR–Vorsitzender, d.R.) und seine Vertrauten“. „Daß für eine Kritik am Wahlverfahren für die Betriebsratswahl 1984 durchaus Anlaß bestand, zeigt das vorgelegte Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg“. Wo liegt der Unterschied zum „Hoss–Urteil“, dessen Ausschluß wegen seiner Unterstützung der „Plakat–Gruppe“ das Gericht ja als rechtens anerkannt hat? Die „Plakat–Gruppe“ wurde als gegnerische Liste eingestuft. Wir geben zum Beispiel im Unterschied zur Plakat–Gruppe keine eigene Zeitung heraus. Außerdem hielt uns das Gericht zugute, daß wir selbst während der gesamten Auseinandersetzung weiter Mitglieder für die IGM geworben und an keiner Stelle grundsätzliche Position der IGM infrage gestellt haben. Zugleich hat das Gericht uns nicht unterstellt - und hier liegt wohl ein weiterer Unterschied zum Hoss–Urteil vor -, wir würden in der IGM quasi eine Fraktion zur Änderung der IGM bilden wollen. Fühlt ihr euch da vom Gericht richtig verstanden? Im wesentlichen ist es so, und deshalb finde ich das Urteil auch unheimlich bedeutungsvoll. Es ist ein Grundsatzurteil, weil es eine Art Grenze für Betriebsratsfürsten bildet, die nun nicht mehr so einfach mit Hilfe von gewerkschaftlichen Gremien unliebsame Kritiker aus der Gewerkschaft herausschießen können. Bedeutet das Urteil nicht eine Einladung an alle möglichen Einzeldarsteller, es - nach Scheitern in den IGM–Gremien - mit einer eigenen Liste zu versuchen? Praktisch war es immer so, daß, wenn solche Leute auf eigenen Listen kandidiert haben, gewerkschaftliche Maßnahmen gegen sie fast nie ergriffen worden sind. Deshalb spielt für diese Leute das Urteil keine Rolle. Für linke, fortschrittliche Gewerkschaftler, gegen die Betriebsratsfürsten immer aktiv geworden sind, ist es dagegen bedeutsam. Interview Walter Jakobs