RAF–Ausstieg nur als Kronzeuge

■ Erklärung des Bundesanwalts Rebmann zur Straffreiheit von RAF–Aussteigern ohne Substanz Cohn–Bendit: Signal zur Versöhnungspolitik fehlt / Stammheimer Landrecht bleibt bestehen

Von Klaus Hartung

Berlin (taz)– Zwei Tage lange mußte über das Angebot des Verfassungsschutzes an RAF–“Aussteiger“ beraten werden, bevor Generalbundesanwalt Rebmann in einer dreiseitigen Erklärung vom 15. Oktober den Sachverhalt bestätigte. Dem gestern vorliegenden Wortlaut zufolge demen tiert die Erklärung alles, was das Angebot des Verfassungsschutzes überraschend machte. „Einem auf Freien Fuße sich befindlichen Aussteiger“ wirklich „entgegenkommen“ will Rebmann nur, wenn es sich um den bloßen Tatbestand der „Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung“ handle. Ansonsten gibt es keinen „Spielraum“. Auch bei „zu einer zeitigen Freiheitsstrafe“ verurteilten RAF–Mitgliedern kann bei „glaubwürdiger“ und „nachvollziehbarer“ Distanzierung Entlassung nach 2/3 der verhängten Freiheitsstrafe möglich sein. Rebmann zitiert dazu die Fälle Horst Mahler, Siegfried Haag und Till Meyer. Aber mit dieser Konkretion macht er implizit deutlich, daß die bisherigen Ergebnisse des Stammheimer Landrechtes sakrosankt sind. Im übrigen betont Rebmann, daß er allein die Kronzeugenregelung für sinnvoll hält. Weitere Erläuterungen gab Rebmann nicht. Dany Cohn–Bendit, an den das Angebot des Verfassungsschutzes zunächst adressiert war, sieht in der Erklärung von Rebmann reine Paragraphenfuchserei. Es fehle völlig das, worauf es ankomme: das Signal eines „politischen Willens, durch staatliche Maßnahmen eine Deeskalation einzuleiten“. Rebmann zeige, daß er den „Sinn der Auseinandersetzung, die gegenwärtig stattfindet, überhaupt nicht verstanden hat“. Cohn–Bendit zufolge ist die Formulierung, „der Verfassungsschutz ist an das Legalitätsprinzip nicht gebunden“, nach der Rebmann–Äußerung kaum klarer geworden: „Es ist natürlich wahnsinnig, jemanden zu raten, sich Herrn Rebmann zu stellen.“ Er betont, daß es um dieses Verfassungsschutzangebot harte Auseinandersetzung innerhalb des BfV und darüber hinaus mit der Bundesanwaltschaft gegeben hat. Das Papier Rebmann sei lediglich der Kompromiß: „Wir bestätigen, daß es das Angebot gibt, aber wir drücken auch aus, daß wir dagegen sind.“ Baden–Württembergs Innenminister Schlee äußerte sich gegenüber der taz ähnlich. Er begrüßte das Angebot des Verfassungsschutzes damit, daß alle Möglichkeiten zur Begegnung „der terroristischen Gefahr“ genützt werden sollten. Fortsetzung Seite 2 Kommentar und Dokum. S. 4