„Die Kameradschaft war toll“

■ Im Prozeß um die Ermordung Roger Bornemanns sagten die angeklagten Mitglieder der „Nationalen Sport– und Sicherheitskameradschaft EK–1“ über ihren Werdegang aus / Hannoverscher FAP–Chef soll V–Mann sein

Aus Hannover Jürgen Voges

Unter den Mitgliedern der Neonazi–Gruppe „Nationale Sport– und Sicherheitskameradschaft EK–1“ hat es schon vor dem Mord an dem EK–1–Mitglied Roger Bornemann, Pläne gegeben dejenigen, der „bei der Polizei ausgepackt“ hatte umzubringen. Dies hat vor der Jugendkammer des Landgerichts Hannover die gestrige Vernehmung der vier Angeklagten Skins zu ihrem persönlichen und politschen Werdegang ergeben. Die drei aussagebereiten Angeklagten haben bisher die grausame Tat als Produkt eines Akohol– und Gewaltrausches dargestellt. Nach der Verhaftung des EK–1– Kameradschaftsführes Bernd Futter sei in der ganzen Gruppe schon eine miese Stimmung gewesen, so erklärte gestern der Angeklagte Hans–Jürgen Sch., „weil jemand bei der Polizei ausgepackt habe.“ In dieser Situation hätten der Ermordete Roger Bornemann und der Mitangeklagte Tom K., überlegungen angestellt den mutmaßlichen Verräter mit einer Armbrust zu erschießen. Hans– Jürgen Sch. erklärte weiter, daß er auch über Brandanschläge von EK–1–Mitgliedern informiert gewesen sei. „Ein Polizeirevier und zwei Läden von Ausländern sollen angesteckt worden sein“ sagte er. Roger Bornemann war ermordet worden vier Tage nachdem er, wie andere Gruppenmitglieder auch, über diese Anschläge bei der Polizei ausgesagt hatte. Der Ermordete, so sagte Hans–Jürgen Sch. weiter aus, habe sich zwar an politischen Diskussionen in der Gruppe mehr als andere beteiligt, sei aber ansonsten „der Sprücheklopfer und Spaßmacher gewesen, auf dem rumgehackt wurde.“ Alle drei aussagebereiten Angeklagten haben bei der gestrigen Vernehmung , wenn auch zum Teil erst auf Nachfragen, Ausländerfeindlichkeit oder Ausländerhaß zugegeben. Sie bestritten jedoch mit ihrem Eintritt Nazi– Gruppe weitergehende politische Ziele verfolgt zu haben. Der Angeklagte Hans–Jürgen Sch. bezeichnete „die Kameradschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl“ in der EK–1 als „toll“. Bei Prügeleien habe man nicht mehr allein dagestanden. Auf den allwöchtlichen Kameradschafta bend jeweils Donnerstags, bei denen kein Bier getrunken werden durfte, habe man „Lieder gesungen“. Über die FAP äußerten sich Hans–Jürgen Sch. und sein mitangeklagter Peter S. abfällig. Bei der Nazi–Partei seien in Hannover die Mitgliederbeiträge versoffen worden, erklärte Peter S. Zu der angekündigten Zeugenaussage des EK–1 „Kameradschaftsführers Futter kam es an diesen ersten vollen Verhandlungstag nach sechswöchiger Porzeßpause nicht mehr. Der 30jährige, der von den Angeklagten als unumstrittener „Führer“ bezeichnet worden war, wollte ohne anwaltlichen Beistand nicht aussagen. In der Prozeßpause, als das Gericht über Beugehaft gegen ihn beriet, bezeichnet Futter im Gerichtssaal den hannoverschen FAP–Kameradschaftsführer „Siggi“ Müller als V–Mann des Verfassungsschutzes. Müller käme bei Straftaten, die er begangen habe, immer wieder heil raus. Futter selbst will in seinen Aussagen Müller schwer belastet haben. Diese Aussagen seien jedoch aus den Akten verschwunden. Eine Entscheidung über Be4ugehaft gegen Futter stellte das Gericht dann bis zum nächsten Verhandlungstag am Donnerstag zurück. Dann soll Futter nun im Beisein seines Anwaltes vernommen werden.