1929: Der schwarze Donnerstag

Donnerstag, 24. Oktober 1929. Panik an der New Yorker Börse, dem neben London wichtigsten Finanzplatz der kapitalistischen Welt. Der „Schwarze Donnerstag“ in den USA kam in Europa als „Schwarzer Freitag“ an: Einem zeitverzögerten Dominoeffekt gleich, kam es auch hier zu einer Verkaufsorgie auf breiter Front. Der Kursverfall der Papiere in New York löste eine internationale Flucht aus Wertpapieren aus, was die Kurse nur um so rascher fallen ließ. „Eine Zigarrenaktie“, so erzählt ein Zeitgenosse, „kostete vorher 115 Dollar das Stück. Der Markt brach zusammen. Ich bekam einen Anruf vom Präsidenten der Gesellschaft. Ob ich ihm 200 Millionen Dollar leihen könne. Ich lehnte ab, denn ich mußte meine eigenen Interessen wahrnehmen, und die meiner engsten Freunde. Seine 115–Dollar–Aktie fiel auf zwei Dollar, und er sprang aus dem Fenster seines Wallstreet–Büros.“ Eine weltweite Panik brach aus, durch die ein ebenso chaotisches Krisenmanagement ausgelöst wurde. New Yorker Finanzkreise versuchten, der Panik entgegenzuwirken, indem sie trotzig Aktien und Wertpapiere kauften und darüber hinaus sogar in Kreditverhältnisse eintraten, die von Dritten rasch gekündigt wurden. Allein im Laufe des Monats Oktober übernahmen New Yorker Banken Kredite in Höhe von einer Milliarde US–Dollar. Die Zentralbank in New York unterstützte diese Bemühungen und kaufte Wertpapiere an, deren Volumen weit über der gesetzlich zulässigen Höchstgrenze lag. Weder die Bemühungen der Bankensyndikate noch die der Zentralbank konnten gegen die Panik der Anleger etwas ausrichten. Panische Reaktionen vieler Anleger waren in der Tat angebracht. Die beispiellose Hausse, die dem großen Knall voranging, war nämlich vielerorts auf Sand gebaut. Vor allem in den USA hatte sich ein spekulatives Fieber breitgemacht, das die Kurse der Papiere hochtrieb: „1929 kam man sich vor wie in einem Spielcasino mit getrickten Würfeln. Ein paar Hechte, die sich über die vielen Karpfen hermachten... Ich habe erlebt, wie Schuhputzer Aktien im Wert von 50.000 Dollar mit nur 500 Dollar in bar kauften. Alles wurde auf gut Glück gekauft.“ Der rapide Rückgang der Kurse beendete solche Träume. Auf den „Schwarzen Donnerstag“ folgte am 29. Oktober der „Schwarze Dienstag“: Cash war jetzt gefragt - wer damit nicht dienen konnte, bekam die rote Karte. An diesem Tag kam es zu einer neuen Panik: einem mehr als 40 Jahre nicht mehr überbotenen Stückumsatz von Aktien. Der Dow–Jones–Index der Industrieaktien fiel auf sein Rekordtief. Die „große Depression“ war eingeläutet. Kurt Hübner