Graf will auf Kohle sitzen bleiben

■ Heute wird vor dem BVerfG das Urteil gesprochen, ob die Bergbau AG Westfalen ihren Steinkohleabbau ins Münsterland ausdehnen darf / Umwelt– und Denkmalschützer unterstützen Klage von Graf Kanitz

Aus Karlsruhe Felix Kurz

Auch vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) scheiterte gestern eine gütliche Einigung zwischen der Bergbau AG Westfalen, einer Tochter der Ruhrkohle AG, und dem Land Nordrhein–Westfalen auf der einen Seite und Graf Kanitz, dem Eigentümer des unter Denkmalschutz stehenden Schlosses Cappenberg im südlichen Münsterland, ande rerseits. Kanitz hatte das Gericht angerufen, nachdem das Landesoberbergamt Nordrhein–Westfalen der Bergbaugesellschaft und den von ihr beauftragten Sachverständigen gegen seinen Willen gestattet hatte, für die Dauer von drei Monaten das Schloß einschließlich seiner Wohnräume zu betreten. Der Grund: Mit Kernbohrungen und anderen Maßnahmen wollte die Gesellschaft das Schloß und die dazu gehörende Stiftskir che auf deren baulichen Zustand untersuchen, um so den Behörden darlegen zu können, wie man dem Denkmalschutz trotz Kohleabbau gerecht zu werden gedenke. Nachdem der Graf bei den Verwaltungsgerichten in Nordrhein– Westfalen abgeblitzt war, hatte er das BVerfG angerufen und überraschend erst einmal einen kurzfristigen Erfolg erzielt. Das Gericht stoppte per Erlaß einer einstweiligen Anordnung die Maßnahmen. Kanitz ist zwar ein Einzelkämpfer, aber Umwelt– und Denkmalschützer schöpften nach dem ersten und bislang einzigen Erfolg des Grafen erneut Mut, die Expansionsgelüste der Bergbau AG Westfalen in das nördliche NRW einzudämmen. Der Steinkohlebergbau will sich in einer Breite von über 100 Kilometer aus seinen bisherigen Fördergebieten über 20 Kilometer weit nach Norden ins Münsterland vorarbeiten. Umweltschützer und Naturschützer fordern vor allem den Erhalt des Cappenberger Waldes die Erhaltung der Stiftskirche des Schlosses Cappenberg sowie eine Alternativ–Planung. Für alle drei werden nicht mehr reparable Schäden durch den Kohleabbau befürchtet. Zudem sei die Nordwanderung nicht etwa notwendig, weil es im Revier keine Kohle mehr gäbe, sondern weil man die nördlicheren Flöze kostengünstiger ausbeuten kann. Während die Rechtsanwälte des Grafen deutlich machten, daß durch die Anordnung der Behörden sowohl das Eigentumsgrundrecht als auch das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ihres Mandanten verletzt sei, spielten die Bergbau AG Westfalen und der nordrhein–westfälische Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen (SPD) das alte Lied vom Verlust von Arbeitsplätzen. Das Gericht wird heute eine Entscheidung bekanntgeben.