Diskretion als Lebenselixier

■ Bank für Internationalen Zahlungsausgleich - Entwicklungsländer haben nichts zu sagen

Von Wolfgang Kessler

Wenn die Welt über Währungsprobleme und internationale Finanzkrisen spricht, steht eine Institution mit im Blickpunkt der Ereignisse, nicht jedoch im Blickpunkt der Öffentlichkeit: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Zumindest ihre Residenz in dem 18–stöckigen, architektonisch reizvollen „Turm zu Basel“ läßt ihre Bedeutung erahnen - und dies nicht zu Unrecht. Die BIZ ist die „Bank der Zentralbanken“. Was dies bedeutet, zeigt sich einmal im Monat. In diesem Rhythmus treffen sich die Zentralbankpräsidenten der wichtigsten Industrieländer in Basel und versuchen, ihre nationale Geldpolitik aufeinander abzustimmen. Auf diese Weise wurden viele Beschlüsse über die Stützung dieser oder jener Währung, über eine engere Anbindung der Wechselkurse oder über den künftigen Kurs der Zinsen in Basel vorbereitet. Die sprichwörtliche Diskretion der BIZ gegenüber der Öffentlichkeit ist dabei so eine Art „Lebenselixier“. Als Zentrale ohne Weisungsbefugnis an die nationalen Notenbanken ist die Bank in ihren Handlungsmöglichkeiten freilich beschränkt. Sie kann die Zusammenarbeit der Zentralbankpräsidenten lediglich durch fundierte Analysen unterstützen und Kompromisse vermitteln. Dazu kommen noch traditionelle Geschäfte mit den einzelnen Zentralbanken: Die BIZ nimmt Währungsreserven als Anlagen entgegen, legt diese zum Teil wieder an und gewährt Zentralbanken Kredite. Bis es so weit war, durchlief die BIZ eine wechselvolle Ge schichte. Gegründet wurde sie 1930, um das Problem der deutschen Reparationen zu lösen. Doch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war es mit der Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken erst einmal vorbei. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erinnerten sich die Zentralbanken wieder an ihre Zentrale, und ihre Bedeutung wuchs nun wieder von Jahr zu Jahr. Zunächst förderte sie mit Erfolg den Versuch der Zentralbanken, alle Währungen der westlichen Industrieländer umtauschbar, „konvertibel“, zu machen. Ende der fünfziger Jahre war diese Phase abgeschlossen, doch nun setzten die internationalen Währungsprobleme ein: Immer wieder stellte die Bank in den sechziger Jahren Kredite zur Stützung des Kurses des unter Schwächeanfällen leidenden Pfund Sterlings zusammen. - Später, in den siebziger Jahren, half sie auf die gleiche Weise, den US–Dollar zu stabilisieren. In diesen Jahrzehnten erwarb sich die BIZ großes Vertrauen. „Inzwischen hält die BIZ zehn Prozent der weltweiten Währungsreserven und weist ein Bilanzvolumen von 100 Milliarden Mark aus“, so Horst Bockelmann, der Chef der Wirtschafts– und Währungsabteilung der BIZ. Dabei stützt sich die Bank auf eine komplizierte Eigentumsstruktur. Prinzipiell ist sie eine Aktiengesellschaft. Aktionäre sind alle europäischen Zentralbanken außer jenen der Sowjetunion, der DDR und Albaniens. Dazu kommen die Zentralbanken der USA, Kanadas, Japans, Südafrikas und Australiens sowie einige Privataktionäre, die allerdings kein Stimmrecht haben. Diese Eigentumsverhältnisse zeigen, was die BIZ eigentlich ist: eine Institution der wichtigsten Industrieländer. Entsprechend groß sind die Schwierigkeiten der Bank im Umgang mit den Entwicklungsländern. Deren Zentralbanken halten zwar auch Teile ihrer Währungsreserven bei der BIZ; sie sind jedoch nicht Aktionäre, können daher ihre Entscheidungen nicht beeinflussen. Dennoch spielte sie des öfteren die „Feuerwehr“, wenn diese Länder wegen ihrer hohen Auslandsschulden kurzfristig zahlungsunfähig waren. Sie gewährte Überbrückungskredite mit geringer Laufzeit, bis längerfristige Umschuldungsabkommen unter Dach und Fach waren. Trotz dieses Engagements warnt Horst Bockelmann vor einer Ausdehnung der Funktionen der BIZ auf die Lösung von Problemen in Ländern der Dritten Welt: „Unsere Bank hat sich in allen Bereichen als nützlich erwiesen, in denen gemeinsames Handeln der wichtigsten Zentralbanken der Welt eine kurzfristige Entlastung bringen kann. Die Probleme der Entwicklungsländer sind langfristiger Natur und können von den Zentralbanken nicht gelöst werden.“ Deshalb werden die Eigentümer der Bank in nächster Zeit keine „weiteren Aktionäre aufnehmen und unter sich bleiben“, so Pressesprecher Kogon. Denn nur die Konzentration der Arbeit auf die wichtigsten Zentralbanken der Welt garantiert aus seiner Sicht jene „Diskretion und jenes Klima der Zusammenarbeit, ohne das die BIZ gar nicht arbeiten kann“. Die Frage ist, ob die Probleme des Weltfinanzsystems diese Selbstbegrenzung auf den Kreis der Mächtigen zulassen.