Sturm auf „Arbeiterfestung“ Renault wurde abgeblasen

Berlin (afp/taz) - Renault entgeht der Privatisierung. Der von de Gaulle 1945 verstaatlichte zweitgrößte französische Automobilkonzern soll im Frühjahr in eine Aktiengesellschaft mit dem Staat als Alleinaktionär umgewandelt werden. Gleichfalls werden 12 Mrd. Franc Schulden erlassen. Industrieminister Madelin kündigte an, daß Belegschaftsmitglieder weiterhin Aktien an Renault halten werden. Mit der Statutenänderung rückt die Regierung Chirac weiter von ihren liberalen Vorsätzen ab. Nachdem die Firmenbesitzer wegen ihrer Kollaboration mit den Nazis enteignet worden waren, verfügte Renault über einen Statut, das es mit keinem anderen fanzösischen Unternehmen teilt. Das „Interesse der Nation“ solle nämlich die Unternehmenspolitik bestimmen. Renault galt als Musterfall der in Frankreich sonst schwach entwickelten Arbeitermitbestimmung. Nichts symbolisierte den Kurswechsel der Wirtschaftspolitik 1984 besser als das Rekorddefizit Renaults von 12,6 Mrd. Francs. Seitdem wurde die Belegschaft „abgebaut“. Sozialpläne sollten die Franzosen in den vorzeitigen Ruhestand, die nordafrikanischen Arbeiter in ihre Heimatländer locken. Bis jetzt waren es 25.000 Entlassungen. Eine Privatisierung von Renault wäre der symbolische Sieg der heute liberal gewordenen Gaullisten über ein korporatives Entwicklungsmodell, für das einst der Name de Gaulle stand. So war die Kritik der EG–Kommission an der Subventionierung Renaults durch Kapitalerhöhungen des Staates nur Anlaß für die jetzt beschlossene Statutenänderung. Daß der Sieg der Liberalen nun ausbleibt, ist zum einen eine Folge des nach dem Börsenkrach vom Montag miserablen Zustands der Finanzmärkte. Wichtiger ist, daß es sich Chirac vor den Präsidentschaftswahlen nicht mit den Gewerkschaften verderben will. Noch ist der Sturm auf die „Arbeiterfestung Renault“ politisch zu heikel. smo