KP Chinas auf der „Vorstufe zum Sozialismus“

■ Der chinesische KP–Generalsekretär Zhao Ziyang verspricht „Vorstufe zum Sozialismus“ und Vorrang für die Konsumgüterproduktion / Vetternwirtschaft und Dominanz der Partei soll abgebaut werden / Aufruf zu umfassenden Reformen in Politik und Wirtschaft

Peking (ap) - Mit einem Aufruf zur umfassenden Modernisierung Chinas auf allen Gebieten ist am Sonntag morgen in Peking der 13. Parteitag der chinesischen KP, der erste seit fünf Jahren, eröffnet worden. Der amtierende Generalsekretär der Partei und Ministerpräsident Zhao Ziyang sagte, China habe in der Vergangenheit den Versuch, den Sozialismus mit radikalen Mitteln einzuführen, in einem rückständigen Land und damit am untauglichen Objekt vorgenommen. Hauptaufgabe der chinesischen Führung sei, ihr vor neun Jahren eingeleitetes Reformprogramm mit neuer Kraft weiter zuführen. Den Kapitalismus bezeichnete Zhao als eine Sackgasse für China, das, wie er sagte, jedoch bis zur Mitte des nächsten Jahrhunderts in einer Vorstufe des Sozialismus sein und dabei weiter Gewicht auf die Konsumgüterwirtschaft legen werde. Es sei „utopisch“ und eine wichtige Ursache für „linke Fehler“, diese „sehr lang dauernde Phase“ überspringen zu wollen. Hauptaufgaben seien eine Erhöhung der Produktion, die Einführung neuer Techniken, die Zulassung ausländischer Ideen und Investitionen und das Bestreben, eine zunehmende Verbrauchernachfrage zu befriedigen. Der amtierende Parteichef setzte sich in diesem Zusammenhang für privaten Wohnungsbau, die Unabhängigkeit von Betriebsleitern, die Ausgabe von Aktien und für privates Unternehmertum ein. Zhao hält es nach eigenen Worten für notwendig, daß übertriebenen Preissteigerungen infolge wachsender Nachfrage entgegengewirkt wird, gleichzeitig aber bei bestimmten Gebrauchsgütern Preiskontrollen beseitigt werden, die zu Spekulationen, Korruption und Versorgungsengpässen geführt haben. Zhao schlug ferner vor, den öffentlichen Dienst so umzugestal ten, daß das Leistungsprinzip gilt und Bedienstete nach Verdienst bezahlt und befördert werden. Nach Zhaos Plan sollen sich Kandidaten für ein Amt im öffentlichen Dienst, die nicht im politischen Tagesgeschäft sind, einem über die Einstellung entscheidenden Examen stellen. Kritiker des derzeitigen Zustands sagen, oftmals entschieden Linientreue und Beziehungen über die Aufnahme in den Staatsdienst. China müsse dabei auch an der Öffnung nach außen festhalten, denn in der „Abkapselung kann sich kein Land mehr entwickeln“, sagte Zhao. „Eine Selbstisolation könnte nur die Rückständigkeit verschärfen“. In dem Tätigkeitsbericht Zhaos wurde darauf verwiesen, daß in China weiterhin Bürokratie, Vetternwirtschaft, übermäßige Machtkonzentration, Willkürentscheidungen und eine „patriarchalische Führung“ herrschten. Es sei daher unerläßlich, gleichzeitig mit den Wirtschaftsreformen auch eine Reform der politischen Strukturen vorzunehmen. Dabei sei der Angelpunkt eine Trennung von Regierungs– und Parteikompetenzen. Die Partei solle sich zunehmend aus der Verwaltungsarbeit zurückziehen. Er rief die Parteifunktionäre in Behörden und Unternehmen auf, nur eine „beaufsichtigende Rolle zu spielen“, die Entscheidungsbildung nicht durch „monopolistisches“ Auftreten zu beeinflussen. Zum Problem des aufgeblähten Parteiaapparats meinte der Generalsekretär: „Parteiorganisationen, deren Wirken sich mit den entsprechenden Regierungstellen überschneidet, sollten abgeschafft werden.“ Überraschend offen äußerte sich der Sprecher des Parteitages, Zhu Muzhi, zu dem auf der ZK– Plenarsitzung vor wenigen Tagen bestätigten ZK–Ausschluß des früheren Generaldirektors der staatlichen chinesischen Fluggesellschaft CAAC, Shen Tu. Er habe die Disziplin verletzt, durch Machtmißbrauch persönliche Vorteile gesucht und „von ausländischen Fluggesellschaften Freiflugtickets für seine Kinder“ gefordert. Nach nicht bestätigten Berichten soll Shen Tu außerdem Gelder ausländischer Luftfahrtfirmen auf ein Schweizer Konto geschafft haben.