Über zehn Jahre für Ex–Neonazi Hepp

■ Urteil des Frankfurter Staatsschutz–Senats unter anderem wegen versuchtem Mord und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung / Vorläufiger Schlußpunkt einer erstaunlichen Karriere

Berlin (taz/dpa) - Zu zehneinhalb Jahren Haft wurde gestern in Frankfurt der ehemalige Neo– Nazi Otfried Hepp (29) verurteilt. Der für Senatsschutzsachen zuständige fünfte Strafsenat sah folgende Tatvorwürfe für erwiesen an: versuchter Mord, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Beteiligung an einem Sprengstoffdelikt und an vier Banküberfällen. Ende 1979 werden bei Hepp Waffen und schriftliche Unterlagen gefunden. Es folgen Untersuchungshaft und Anklage gegen ihn und sechzehn weitere Gesinnungsgenossen wegen Aufbau einer NSdAP–Nachfolgeorganisation und geplanter Banküberfälle, Anschläge auf KZ–Gedenkstätten und US–Einrichtungen. Zu einem Hauptverfahren kommt es nicht. Ein paar Jahre später allerdings setzt er genau diese Pläne in die Tat um. Im September 1981 steht er mit drei anderen in Karlsruhe vor Gericht. Er wird jedoch nicht wegen Paragraph 129 a, sondern wegen Volksverhetzung und illegalem Waffenbesitz zu sechzehn Monaten Haft verurteilt. Zur Überraschung aller Beteiligten wird er einen Monat später freigelassen. Hepps Karriere begann in der Wiking–Jugend. Er gründete eine eigene Wehrsportgruppe, „Kampfgruppe Schwarzwald“ oder „Wehrsportgruppe Schlageter“ genannt. Intensive Kontakte mit Karl–Heinz Hoffmann und dem mutmaßlichen Oktoberfest–Attentäter Gundolf Köhler sind bekannt. 1980 kann er sich mit Hilfe Hoffmanns nach Libanon absetzen. Nach seiner Haftentlassung 1981 versucht Hepp zusammen mit Kexel eine ideologische Polarisierung innerhalb der neo–nazistischen Szene zu erreichen: „Abschied vom Hitlerismus“, Rückkehr zu den Ideen von Gregor Strasser und Ernst Röhm, „undogmatischer Befreiungskampf“, Zusammengehen mit den Linken unter der Parole des „Kampfes gegen Amerikanismus“ und des „antiimperialistischen Befreiungskampfes“. Es folgen Banküberfälle und Sprengstoffanschläge auf US–Soldaten. 1983 wird die Gruppe verhaftet und 1985 werden die Haupttäter zu vierzehn Jahren Gefängnis verurteilt. Sein Freund Kexel erhängt sich nach dem Urteil. Hepp jedoch gelingt es, in Paris unterzutauchen. Nach der Verhaftung beantragt Hepp politisches Asyl in Frankreich, da er die deutsche Neo–Nazi–Szene vom BND durchsetzt hält und um sein Leben fürchtet, weil er diesen Tatbestand beweisen könne. Den Selbstmord seines Freundes Texel hält er für einen schlecht getarnten Mord. Hepp wird dennoch ausgeliefert. Das Gericht Frankfurt sah als Strafmilderungsgründe die Herkunft aus einem rechtsradikalen Elternhaus und das volle Geständnis des Angeklagten an. Hepp hatte sich im übrigen von der neonazistischen Szene losgesagt. Die Bundesanwaltschaft, die zwölf Jahre beantragt hatte, und die Verteidigung verzichteten auf Revision. KH