Skandal hinterm Skandal

■ Über die Gründung eines Geschichtsmuseum

Das geplante Museum ist ein Griff nach Geschichte, und versucht zugleich eine andere Geschichte stumm zu halten: 43 Jahre nach dem Ende der Hauptstadt des SS–Staates, nach dem Ende der tausendjährigen „Germania“ (wie Berlin heißen sollte) hat es diese Stadt noch nicht zu einem Museum über den Nationalsozialismus gebracht. Es gibt in der ganzen Bundesrepublik keine zentrale Stelle des Forschens, des Gedenkens, des Darstellens dessen, was zwischen 1933 und 1945 geschah, keine gleichwertige Adresse zum Yad Vashem in Jerusalem, zum Holocaust Memorial in Washington. Die Berliner Situation ist ein Skandal, der aber offenbar nur in Haifa oder New York gespürt wird. Berlin hat sich auf ein peinlich dürftiges Provisorium der Erinnerung beschränkt: 130 Quadratmeter Ausstellungsfläche am sogenannten „Gestapo–Gelände“ (“Topographie des Terrors“), ein fragwürdiges Widerstandsmuseum und die „Wannseevilla“, in der die Konferenz zur „Endlösung“ stattfand. Juden sehen in dieser Villa eher eine Gedenkstätte der Täter. Die linke Opposition blieb fast peinlich ohnmächtig, weil sie eine Debatte über Geschichtsbegriffe führete, wo es doch um Geschichte geht. Denn: Ideologiekritik ist unfruchtbar; besonders, wenn sie die einzige Waffe gegen den Gründungsfuror sein soll. Auch wenn es die Museumsmacher und ihre linken Kritiker nicht spüren: Der Widerspruch i AUTOR_________: Klaus Hartung