Hamburger Hacker–Jagd geht weiter

■ Erneut Hausdurchsuchung bei Mitglied des Chaos Computer Clubs / Grund war der NASA–Hack von September / „Hackerseelsorge“ war nach fünf Minuten bei der Stelle

Aus Hamburg Brigitte Jakobeit

Am Dienstag abend durchsuchten sechs BKA–Beamte unter dem Hamburger Staatsanwalt Geissler die Wohnung eines ahnungslosen 25jährigen Hamburger Studenten, der Mitglied im Chaos Computer Club (CCC) ist. Damit laufen jetzt insgesat fünf Ermittlungsverfahren gegen „Menschen, die einen schöpferisch–kritischen Umgang mit Techniken pflegen“, wie Wau Holland, Vorstandsmitglied des CCC, die Hacker zu definieren pflegt. Die Durchsuchung bezog sich vorgestern nicht auf CERN (Kernforschungszentrum in Genf) und die französische Firma Philips, sondern wurde in direktem Zusammenhang mitdem NASA– Hack, dessen Offenlegung im September für Schlagzeilen sorgte, durchgeführt. Das Kommunikationssystem des CCC erwies sich auch bei dieser BKA–Aktion als blitzschnell. Fünf Minuten nach Durchsuchungsbeginn war ein Team der „Hackerseelsorge“ unterwegs, um dem Beschuldigten als Zeugen zu dienen. Wie Steffen Wernery, ebenfalls Vorstandamitglied des CCC, mitteilte, erwies sich dieser Beistand als dringend notwendig. Denn die beauftragten Beamten seien mit ihrer Aufgabe schlichtweg überfordert gewesen und hätten nach einer Nachhilfelektion der Hacker–Spezialisten ziellos „herumgehackt und -gestöbert“. Beschlagnahmt wurden schließlich mehrere Disketten, Computerausdrucke und zwei Rechner. Der CCC–Vorstand vermutet, daß die neue Ermittlung auf Gespräche zwischen BKA und dem Systemmanager des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie in Heidelberg, Roy Ommond, zurückzuführen ist. Ommond hatte bereits im August weltweit eine Warnung an alle Hacker über das Computernetz gejagt und ihnen Gewalt angedroht. Diese Warnmeldung, in der zwei Hacker namentlich genannt wurden, habe auch dem BKA vorgelegen, so Wernery. Durch ihr fragwürdiges und wahlloses Vorgehen gegen die Hackerszene scheinen die Ermittler ihr eigenens lückenhaftes know–how aufbessern zu wollen. Wernery: „Jetzt will man das Umfeld aufreißen, um in die Szene zu kommen. In Abetracht dessen, daß sich die Computerkriminalität auf jährlich fast 80 Millionen Mark beläuft, ist es bedenklich, daß die Beamten nichts besseres zu tun haben, als die Kinderzimmer der Republik zu durchforsten.“