Eine blutige Quittung für die USA

■ Die Morde an amerikanischen Soldaten auf den philippinischen Militärbasen werfen ein neues Licht auf die Verwicklung der USA in den jüngsten Putschversuch in Manila / Verteidigungsattache der US–Botschaft abgezogen / Guerilla kündigt weitere Racheakte an

Von Nina Boschmann

Manila/Berlin (taz/wps) - In Zukunft, so kündigte die linke philippinische New Peoples Army– Guerilla vor knapp einem Monat im KP–Zentralorgan Ang Bayan in Manila an, würde nicht mehr nur das philippinische Militär von Anschlägen der Rebellen betroffen werden, sondern auch die „militärischen Einrichtungen und Wirtschaftsimperien des US–Imperialismus“, denn der US–Imperialismus sei es, der hinter dem intensivierten Krieg gegen das Volk und die revolutionären Kräfte steht. Am vergangenen Mittwoch wurde die Drohung Wirklichkeit: zum ersten Mal in der jüngeren philippinischen Geschichte wurden zwei amerikanische Soldaten und ein pensionierter Luftwaffengeneral in der Nähe des US–Luftwaffenstützpunktes Clark Air Base eine Autostunde nördlich der Hauptstadt erschossen. Ein amerikanischer Luftwaffenhauptmann konnte seinen Angreifern kanpp entkommen. Zu der Tat bekannte sich kurz darauf in einem Telefongespräch mit der französischen Nachrichtenagentur afp die berühmte Brigade Alex Boncayo, ein Sonderkommando der NPA, das sich auf die Ermordung von Polizisten und Militärs in der Hauptstadt spezialisiert hat. Der Anschlag erfolge als Vergeltung für die Lieferung von zehn gepanzerten Transportwagen, weitere Angriffe seien geplant. Wer nun einen Aufschrei der Empörung seitens der Regierung erwartet hat, liegt falsch: Schon einen Tag nach den Anschlägen forderte der neue Außenminister Raul Manglapus eine größere Unabhängigkeit des Landes von den USA. Statt dessen sollten die Beziehungen zu den Ländern intensiviert werden, die „kürzlich zu einer demokratischen Regierung zurückgekehrt sind“, sprich Portugal und Griechenland sowie Peru, Argentinien und Brasilien. Und auch US–Botschafter Platt vermied starke Worte: Man habe die Warnung ernstgenommen und die Patrouillen verstärkt. Die offiziell zur Schau gestellte Gleichgültigkeit beider Seiten ist nicht zufällig: Seit kurzer Zeit ist das Verhältnis zwischen der Aquino–Administration und der US– Botschaft gespannt wie noch nie. Es häufen sich die Verdachtsmomente, daß Angestellte der Botschaft aktiv in den letzten Putschversuch gegen Aquino unter Leitung des mittlerweile untergetauchten Obersten Gregorio Honasan verwickelt waren. Die Affaire begann mit einer Titelstory der linken Tageszeitung Malaya, die bald von anderen Blättern aufgegriffen wurde. Malaya berichtete, mehrere Emissäre der US–Botschaft hätten sich zur Zeit des Coups in den von den Rebellen besetzten Militärcamps aufgehalten: Verteidigungsattache Raphael sei nachweislich im Camp Aguinaldo aufgetaucht und habe dort versucht, Regierungstruppen anzuweisen, nicht auf die Rebellen zu schießen. Einer seiner Kollegen, Major Dennis Fawler, sei auf der umkämpften Villamor–Luftwaffenbasis voll ins Kreuzfeuer geraten. Während die Botschaft zunächst darauf beharrte, die beiden hätten nur „ihren Job getan“, nämlich sich über die aktuellen Ereignisse auf dem Laufenden gehalten, vermutet die Opposition, daß Teile der US–Administration einem Machtwechsel in Manila nicht abgeneigt sind. An Anhaltspunkten dafür mangelt es nicht, gehörten doch die in den letzten Monaten so putschfreudigen jungen Offiziere unter Marcos zu den Hauptansprechpartnern der US–Botschaft. Oberst Honasan, wohl der Kopf des letzten Coups, gilt als persön licher Freund von Raphael, Honasans Kollegen vom „Reform the Armed Forces Movement“ RAM trafen sich mit dem US–Attache regelmäßig zum Golf. Diese Verwicklungen wurden von Generalstabschef Ramos auch bereits vor einigen Wochen in einem Report an die Regierung weitergeleitet, die jedoch keinen Anlaß zum Handeln sah. Mitte dieser Woche spitzte sich die Affaire dann zu, als andere Journalisten berichteten, Oberst Cabauatan, einer der Putschisten des fehlgeschlagenen Coups vom Januar 87, habe auf dem Gelände der Clark Air Base zur Pressekonferenz geladen. Sie gaben an, das ganze sei keineswegs klandestin gewesen, man sei geradewegs zum Haupteingang hereinspaziert. Cabauatan, von dem angeblich jede Spur fehlt, sei in einem Auto mit einem Kennzeichen der US–Marinebasis Subic unterwegs gewesen. Die US–Botschaft mochte die Peinlichkeiten weder bestätigen noch dementieren. Nach diesen Enthüllungen sah sich auch die Regierung Aquino genötigt, trotz des gerade ablaufenden Besuchs des US–Staatssekretärs Armacost eine offizielle Untersuchung anzukündigen. Nur einen Tag später wurde Verteidigungsattache Raphael „überraschend“ nach Washington zurückberufen. Obschon die Affaire damit offiziel bereinigt scheint, vermuten Oppositionelle, daß das Thema „Kalter Putsch“ damit keineswegs vom Tisch ist. Denn der vor zwei Wochen entlassene ehemalige Außenminister Laurel, der kürzlich eine taktische Allianz mit dem ehemaligen Verteidigungsminister Enrile eingegangen ist, hat schon kundgetan, er stehe im Fall der Fälle auch als Präsident einer Putschregierung zur Verfügung - da er Aquinos gewählter Vize ist, wäre dies eventuell auch für die USA eine akzeptable „Lösung“ der Instabilität in Manila. Kurz darauf, wer hätte es gedacht, führte Laurel Gespräche mit führenden Politikern in Washington.