Weiter Keile in Kiel

■ Pfeiffer schließt einige Glaubwürdigkeitslücken / Regierungsseite präpariert Zeugen

Von Feldner–Bornhöft Cie.

Kiel (taz) - Vor dem Untersuchungsausschuß in Kiel sind am Donnerstag Aussagen des früheren stellvertretenden Regierungssprechers Ahrendsen und von Ex– Ministerpräsidenten Barschel ins Wanken geraten. Pfeiffer hatte Barschel beschuldigt, ihn am 8. September telefonisch um eine Wanze gebeten zu haben. Für das einzige von der Post protokollierte Telefonat von Barschels Autotelefon mit Pfeiffers Privatwohnung an diesem Tag hatte Ahrendsen die Verantwortung übernommen und erklärt, er habe mit Pfeiffer wegen dienstlicher Belange gesprochen, während sich Barschels Wagen in Hamburg befand. Während die Post als Zeitpunkt des Anrufs 20.07 Uhr ermittelte, meldeten Barschels Sicherheitsbeamten bereits um 20.17 als Standort die Autobahnauffahrt Neumünster–Einfeld. Da die Fahrstrecke von Hamburg bis Neumünster rund 50 Kilometer beträgt, konnte das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Telefongesprächs nicht mehr in Hamburg sein. Danach kommt nur der verstorbene Ministerpräsident für das Telefonat in Frage. Die beiden derzeitigen Hauptkontrahenten der Kieler Affäre, Reiner Pfeiffer und Barschel–Rechtsbeistand Fortsetzung auf Seite 2 Prof. Erich Samson, kämpfen seit gestern nicht mehr im sondern neben dem Untersuchuchungsausschuß. Medienwirksam verteilte Samson ein 14–seitiges Papier, das Fragen und Widersprüche in Pfeiffers bisherigen Aussagen wiederholt. Der wiederrum schlug zurück mit Informationen, die, belegt durch weitere Zeugen, in der Tat einige Glaubwürdigkeitslücken schließen. Auch die SPD mußte erneut zugeben, daß sie uns zu wenig verraten hat. Im Ausschuß sorgten Regierungsbeamte für Unterhaltung und stellten unter Beweis, daß sie dieses Gremium gelinde gesagt nicht für voll nehmen. Zu den von Samson genüßlich monierten Widersprüchen in Pfeiffers Lebenslauf und zu dem in seiner Wohnung gefundenen gefälschten Pass teilte der Angegriffene mit, der Pass sei ein Erinnerungsstück an eine Reportage, die er vor Jahren für den Weser–Report in Bremen geschrieben habe. Mit dem Artikel sei bewiesen worden, „wie leicht es seinerzeit bei spielsweise für Terroristen war, sich bei Bremer Behörden falsche Papiere zu beschaffen“. Von einem Beamten der Meldebehörde auf die Idee gebracht, hätten Pfeiffer und sein damaliger Kollege Michael Jacobi auf dem grünen Antragsformular in der Rubrik „Geburtsurkunde vorgelegt“ ein Häkchen gemacht. Eine halbe Stunde später hatten die beiden Journalisten das Dokument mit dem Namen des damaligen Bremer Bildungssenators und Pfeiffers Paßfoto in Händen. Diese Darstellung bestätigte gestern der Ex–Kollege Jacobi. Jahre nach Er scheinen der Story, habe der Rechtsanwalt und Notar Robert Fischer, bei dem Pfeiffer das Dokument hinterlegt haben will, ihm das „Souvenir“ ausgehändigt. Auch Samsons zweite Attacke gegen das erlogene Abiturzeugnis schlug Pfeiffer zurück. Nach eigenem Bekunden hat er nie die Reifeprüfung abgelegt. Er habe aber im Kloster St.Antonius in Bardel (Kreis Bentheim) einen Kurs besucht, an dessen Ende die Berechtigung zum Theologiestudium stand. Das „Vorabschlußzeugnis“ habe er verloren. Ein hilfsbereiter Freund beschaffte Ersatz und „manipulierte offenbar“, behauptet Pfeiffer jetzt. Aufgeklärt hat sich unterdessen ein weiterer Widerspruch. Hatte die SPD bisher heftig bestritten, im Verlauf der „Aidskampagne“ gegen Engholm ein fingiertes Schreiben erhalten zu haben - Pfeiffer gab sich als Schreiber an– so mußte SPD–Landesgeschäftsführer Klaus Rave am Donnerstag einräumen, dieser Brief sei tatsächlich in der Landesgeschäftsstelle angekommen. Nur, eine Mitarbeiterin vernichtete das Papier „wie einen jener Schmuddelbriefe, die wir gelegentlich bekommen“. Öffentlich scheinen auch die Aktenberge des Ausschusses zu sein. Während der Chef der Staatskanzlei Hebbeln im Saal den gedächtnisschwachen Pensionsanwärter spielte und die Anwesenden mit unfreiwilligen kabarettistischen Einlagen zum Wiehern brachte, verschwanden die Akten der Staatsanwaltschaft aus dem Arbeitszimmer des Ausschusses. Der CDU–Fraktionsgeschäftsführer Dr.Scholtis soll sie abgeholt haben, obgleich seine Fraktion zwei Ausfertigungen besitzt.