Thema verschenkt

■ Die „Feministischen Beiträge“ über den „Charme der sexuellen Unterwerfung“

Gute Buchtitel haben die Wirkung von interessanten Hors doevres. „Der neue Charme der sexuellen Unterwerfung“, so der Titel der jüngsten beiträge zur feministischen theorie und praxis, ist eine dieser gelungenen Vorspeisen und macht Appetit auf mehr. Doch ein Festgericht haben die Herausgeberinnen der beiträge leider nicht zusammengestellt. Gleichwohl gibt es einige interessante Aufsätze, die neue Gesichtspunkte in die Diskussion bringen. Zu Ende gedacht ist davon zwar nichts, die Aufsätze scheinen geradewegs aus der „Werkstatt feministischer Forschung“ zu kommen, aber gerade das macht sie lesenswert. Irmgard Schulz etwa beschäftigt sich in ihrem Beitrag „Zur aktuellen Auseinandersetzung um den § 218“ mit der von einigen Feministinnen in Gang gebrachten „Ethikdebatte“ und verteidigt gegen sie den Autonomieanspruch und das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Ferner plädiert sie dafür, die Reproduktionstechnologien nicht pauschal abzulehen, sondern sie „als Sozialbeziehung in den Blick“ zu bekommen. Zwei der Aufsätze beschäftigen sich mit lesbischer Liebe, und diese Texte seien besonders hervorgehoben. Sind wir nicht alle Frauen? sei oft die Frage, wenn Lesben ihren Anspruch auf eigene Forschungsprojekte oder auf besondere Berücksichtigung anmeldeten. Sabine Hark beharrt indes auf der Differenz des Ortes von „Heteras“ und Lesben innerhalb der gesellschaftlichen Ordnung. Irritierend für viele mag die Skizzierung des Examensprojektes von Ulrike Hänsch sein. Angst und Scham halte viele Frauen davon ab, sich gerade ihren Familien gegenüber zu ihrem Lesbischsein zu bekennen, aber viele würden sich das nicht eingestehen, so ein Ergebnis ihrer Untersuchung. Lesben müßten jedoch lernen, die „Rolle der guten Vater–Tochter“ zu verweigern, wenn sie, wie es das Ziel aller Feministinnen sei, wirklich die patriarchalen Strukturen in Frage stellen wollten. Erwähnenswert ist noch Christine Hölzles Beitrag zur In–Vitro– Fertilisation, in dem sie sich nicht primär mit der medizintechnologischen Seite auseinandersetzt, sondern Fragen stellt, die von den Forschungsteams ausgeblendet werden. Verschleiert würde im Zuge der Erfolgsmeldungen, „daß der größte Teil der Frauen trotz des medizinischen und persönlichen Einsatzes nicht schwanger wird“. Nachdenklich sollte folgendes Ergebnis machen: „In einer Nachuntersuchung von ehemaligen In–Vitro–Fertilisations– Patientinnen zeigte sich, daß bereits 15 Monate nach Abbruch der erfolglosen Therapie 38,8 Frauen schwanger geworden waren.“ Das wars auch schon mit den positiven Werkstattberichten. Der Rest ist fade Hausmannskost. Fleißig stellen die Beiträgerinnen ihre Fähigkeit zur wissenschaftlichen Arbeit unter Beweis, referieren brav die gängigen Theorien und wählen passende Zitate aus. Erfreulich zwar, daß Christina Türmer–Rohrs Essays so viele Frauen beeindruckt und inspiriert zu haben scheinen, sie werden zigmal erwähnt, nur leider bringen zahlreiche Aufsätze nicht viel mehr. Langatmig und langweilig breiten viele Autorinnen das aus, was nicht nur Wissenschaftlerinnen, sondern auch interessierten Frauen längst bekannt sein dürfte. Nun mag der Anspruch der beiträge nicht darin liegen, die Forschungsnase immer ganz vorn zu haben. Doch das ist falsch. So wie die engbedruckten Hefte gestaltet sind, sprechen sie in jedem Fall nur eine kleine Gruppe von Frauen an, und die will über den neuesten Diskussionsstand feministischer Theorie und Praxis informiert sein. Wenn dann die Aufsätze auch noch gut geschrieben und klar gegliedert wären... Nachdem die feministischen Studien eingegangen sind, brauchen wir ein überregionales Theorie– und Diskussionsorgan. Aber frech und niveauvoll sollte es schon sein. Warum Hausmannskost, wo es so viele gute Köchinnen gibt, die besseres zuzubereiten wissen als fade Speisen? Heide Soltau beiträge zur feministischen theorie und praxis. Heft 20: Der neue Charme der sexuellen Unterwerfung. 143 Seiten, 16 DM