Folter und Meineid als Geheimdienst–Routine

■ Eine israelische Untersuchungskommission attestiert den Geheimdiensten „Shin Bet“ routinemäßige Meineide

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Nachdem die von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission über den Geheimdienst „Shin Beth“ unter dem Vorsitz des früheren Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs Moshe Landau festgestellt hat, daß die israelischen Geheimdienste „in den letzten 16 Jahren routinemäßig“ vor Gericht falsch aussagten, wenn es um die Zulässigkeit von durch Folter erzwungene Geständnisse ging, erwägen prominente Verteidiger wie Avigdor Feldman, Lea Tzemel und Felicia Langer, Wiederaufnahmeverfahren für ihre Klienten zu beantragen und Schadensersatz für die Opfer des Folter– und Meineid–Systems der Geheimdienste zu verlangen. Das dürfte jedoch auf Hindernisse stoßen, weil es im Militärrecht für die besetzten Gebiete keine Berufungsinstanzen gibt und auch zu erwarten ist, daß Wiederaufnahmeverfahren durch Verwaltungsakt unmöglich gemacht oder behindert werden, meinte dazu Felicia Langer, die Erfahrenste unter den israelischen Verteidigerinnen palästinensischer Angeklagter in den besetzten Gebieten. „Dieses System der Folter und Falschaussage, das wir seit 20 Jahren vor Gericht anzugreifen versuchen, ist ein Ergebnis der enthumanisierenden und demoralisierenden Begleiterscheinungen der Besatzung“, sagte Frau Langer. Alle Einwände gegen durch Folter erreichte Geständnisse seien bisher routinemäßig von den Richtern abgelehnt worden, die sich immer auf die beschworenen Aussagen der Geheimdienstzeugen verlassen hätten. Die Untersuchungskommission hat die Methoden der Folter und Falschaussage inzwischen als „ideologische Kriminalität“ bezeichnet und empfohlen, gegen die verantwortlichen Geheimdienstmitarbeiter nicht gerichtlich vorzugehen. Die Verteidiger heben hervor, daß die Feststellung der Untersuchungskommission, auch in Zukunft müsse der Gebrauch „begrenzten und klar definierten Drucks“ beim Verhör mutmaßlicher Terroristen als legitim angesehen werden, für eine weite Interpretation und auch zukünftigen Mißbrauch offen sei.