Verschlimmbesserung

■ Ehefrauen sollen durch Gesetzentwurf beruhigt werden

Ehemänner sollen wissen, daß sie kein Recht auf den Körper ihrer Frau erheiratet haben; Ehefrauen sollen lernen, daß es die Pflicht zum Geschlechstverkehr nicht gibt. Solches Rechtsbewußtsein wollten Feministinnen schaffen, als sie die Gewalt in der Ehe öffentlich angeprangert haben. Lange Zeit haben Politiker und Juristen diese Forderung ignoriert, weil im heiligen Hafen der Ehe nicht sein kann, was nicht sein darf. So ist der Engelhard–Entwurf ein später Erfolg dieser Proteste. Können die Frauen also zufrieden sein? Eher nein. Herausgekommen ist eine Verschlimmbesserung: Ehemännern wird eine Sonderbehandlung serviert. Die Ehefrau soll entscheiden, ob der Mann bestraft wird oder nicht. Diese Konstruktion ist geradezu perfide, weil damit den Frauen die gesamte Verantwortung zugeschoben wird. Der Entwurf setzt außerdem die Verharmlosung des Verbrechens fort: Selbstverständlichkeiten werden unter Strafe gestellt. Dafür kann mann im Falle einer Vergewaltigung nun noch eher darauf bauen, mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen. So wird der „Mord an der Seele einer Frau“ (Waltraud Schoppe) wohl endgültig zum Kavaliersdelikt. Die Schwere einer Tat wird im Rechtsbewußtsein nämlich zu erheblichen Teilen am Strafmaß gemessen. Das berücksichtigen leider auch die Grünen in Bonn nicht mehr, wenn sie an dieser Stelle einer Entkriminalisierung das Wort reden. Solange diese Gesellschaft mit Knast bestraft, ist ein niedrigeres Strafmaß ein politisches Signal für die Geringfügigkeit der Tat. Dies gilt weiterhin, auch wenn Gefängnisstrafen keine endgültige gesellschaftliche Lösung sein können. Zudem können Haftstrafen die Funktion erfüllen, daß die vergewaltigte Frau wenigstens eine Zeitlang begrenzten Schutz erhält. Ursel Sieber